In Deutschland haben „rechte Christen“zuletzt in den Corona-Jahren allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. So traten bei „Anti-Corona-Demos“ regelmäßig Personen in Erscheinung, die mit ihrem Protest gegen die „totalitären“ Eingriffe des Staates und gegen die mediale „Meinungsdiktatur“ unüberhörbar rechtspopulistische Töne anstimmten und sich dabei unübersehbar auf ihr Christentum beriefen. Die Nähe bestimmter christlicher Kreise zum Rechtspopulismus ist aber schon länger unverkennbar. Nicht wenige Christen sympathisierten von Anfang an mit der 2014 begründeten „Pegida“-Bewegung, und wenig später wurde die Bundesvereinigung „Christen in der AfD“ ins Leben gerufen. Wer indessen ab und an einen Blick in die pietistisch-evangelikale Zeitschrift „idea spektrum“ oder auf das katholische Internetportal „kath.net“ geworfen hat, dem werden auch schon zuvor die thematischen Schnittmengen zwischen AfD oder Pegida auf der einen und rechtsprotestantischen wie rechtskatholischen Milieus auf der anderen Seite nicht entgangen sein.
Welche politisch-religiösen Haltungen kennzeichnen diese „rechtschristliche“ Szene? Welche theologischen Motive werden dort geltend gemacht? Und wie verhält sich das rechte zu einem konservativen Christentum, dem es in mancher Hinsicht ähnelt? Bevor diese Fragen beantwortet werden, soll zunächst eine terminologische Klärung zum Richtungsbegriff erfolgen, der dabei in Anschlag gebracht wird.
Was heißt „rechts“?
So geläufig die politischen Richtungskoordinaten „rechts“ und „links“ sind, so wenig trivial ist es, ihren genaueren Sinn anzugeben. Dasselbe gilt für Ableitungen wie „rechtsextrem“ oder „rechtspopulistisch“. Erschwerend wirkt dabei, dass die Ausdrücke im politischen Meinungsstreit nicht selten in diffamierender Absicht und entsprechend variabel gebraucht werden. Von „links außen“ wird manches als „rechts“ oder gar „rechtsextrem“ bezeichnet, was einer abgewogeneren Einschätzung nach lediglich als „konservativ“ zu gelten hat. Umgekehrt wird von manchen veritablen „Rechten“ das harmlosere Attribut des „Konservativen“ in bewusster Verschleierungsabsicht für die eigene Position in Anspruch genommen. Trotz ihrer unabstreifbaren Vagheit und Missbrauchsanfälligkeit sind die fraglichen Richtungsbegriffe zur Grundorientierung im Feld der politischen Positionen wohl unverzichtbar. Aber vorschnelle Zuschreibungen sind zu vermeiden.