Hinduismus

Amma in der Kritik

(Letzter Bericht: 2/2011, 55-60) Amma ist kein Guru, der Erleuchtung predigt. Die spirituelle Meisterin aus Indien umarmt fast täglich tausende Anhänger rund um die Welt, Frauen und Männer, Jung und Alt – regelmäßig auch in Deutschland und der Schweiz. Und sie packt dort an, wo Hilfe gebraucht wird. Mit den weltweiten Tourneen und Spenden in Millionenhöhe finanziert die „heilige Mutter“ vorwiegend Hilfsprojekte in ihrer Heimat. Sie baut Schulen, Krankenhäuser, unterstützt Umweltinitiativen und Frauenorganisationen, sie investiert in den Aufbau verarmter Regionen. Ihr weitverzweigtes gemeinnütziges Hilfswerk „Embracing the World“ ist weltweit tätig.

In letzter Zeit haben sich vermehrt kritische Stimmen zu Wort gemeldet, wie die Schweizer Blätter „Bund“ und „Tagesanzeiger“ berichteten. In Internetforen tauchten Vorwürfe auf, Amma horte zu viele Spenden auf Bankkonten, anstatt sie für Projekte zu nutzen. Kritiker untermauerten ihre Behauptungen mit Zahlen des indischen Innenministeriums. Von den umfangreichen Auslandsspenden der letzten sechs Jahre in dreistelliger Millionenhöhe seien lediglich 37,6 Prozent in Projekte investiert worden.

Schwer wiegen die Vorwürfe, die die Australierin Gail „Gayatri“ Tredwell in ihrem Buch „Holy Hell. A Memoir of Faith, Devotion, and Pure Madness“ (Oktober 2013) ausbreitet. Die ehemalige rechte Hand von Amma, eine der intimsten Kennerinnen der Sechzigjährigen, lässt auf 330 Seiten kein gutes Haar an ihrem früheren Idol. Von Wutausbrüchen, Aggressivität, sexuellen Übergriffen und unehrlichem Umgang mit Geld ist die Rede. Das Bild der bescheidenen und selbstlosen Heiligen sei Fassade.

Amma weist alle Vorwürfe zurück und schaltet Anwälte ein. Es wird beteuert, die indischen Behörden kontrollierten die Finanzen und Projekte und hätten nichts beanstandet. Bei der Diskussion um die Spendengelder prallten auch kulturelle Unterschiede aufeinander. Im Fall von Tredwells Buch werden sämtliche kritischen Informationen grundsätzlich in Abrede gestellt und die Zurechnungsfähigkeit der Autorin in Zweifel gezogen.

Solange nicht klar ist, wer hier welche Interessen verfolgt und wer wessen schmutzige Wäsche wäscht, kann kein Urteil gefällt werden, ob und was an den Vorwürfen dran ist. Der Streit darum ist lauter geworden (Debattenseite: http://ammascandal.wordpress.com).


Friedmann Eißler