Apocalypse now
(Letzter Bericht: 7/2001, 243f) Wie nicht anders zu erwarten, deutet das Universelle Leben (UL) die terroristischen Angriffe auf New York und Washington als Zeichen der Endzeit. Im neuesten Heft der Zeitschrift „Das Friedensreich” (10/2001) kann man lesen: „Die apokalyptischen Züge unserer Zeit treten immer deutlicher hervor.” Den modernen Gesellschaften wird völliges Versagen vorgeworfen: „Unsere gegenwärtige Zivilisation ist am Ende.” Die Menschheit treibt „moralisch, ökonomisch und politisch ... in ihren Untergang” (10f).
Zur Erklärung der Ereignisse in Amerika bemüht man die im UL verbreitete Reinkarnationsvorstellung: „Die jahrtausendelangen Grausamkeiten der Menschen untereinander und gegen Natur und Tiere sind negative Kräfte kosmischen Ausmaßes, die sich nun wie Gewitterwolken zusammenballen und immer mehr entladen – in einer apokalyptischen Situation, in der sich das Rad von Ursache und Wirkung immer schneller dreht und immer schneller angetrieben wird, bis hin zu solch furchtbaren Terroranschlägen ...” (13).
In der zitierten Zeitschrift ist auch ein Beitrag des UL-Senders „Radio Santec” zu den Ereignissen in Amerika abgedruckt. Hier wird darüber spekuliert, warum sich die Aggressionen gegen die westliche bzw. christliche Welt richten: „Könnte es nicht sein, dass sich die Erinnerungen an die Kreuzzüge, an die blutige Eroberung und Ausbeutung ganzer Kontinente, an den Sklavenhandel tief in die Seele von Millionen von Menschen eingegraben hat?” Es wird gefragt, ob sich in den Terroristen jene Seelen inkarniert haben, „die seinerzeit großes Leid durch sogenannte Christen zu ertragen hatten und die heute auf Rache sinnen” (33). Denn: „Was wir früher angerichtet und nicht bereinigt haben, kann jetzt, in dieser Einverleibung auf uns zukommen und uns mit Menschen zusammenführen, an denen wir uns früher versündigt haben und umgekehrt, damit wieder gutgemacht werden kann, was wir uns gegenseitig zugefügt haben” (12).
Solche Überlegungen offenbaren die Abgründe selbstgestrickter Reinkarnationsvorstellungen, denn damit wird der Tod Tausender Menschen zu einem Akt der „Wiedergutmachung” erklärt, was impliziert, dass die Opfer im Grunde für ihren Tod selbst verantwortlich sind.
An einer anderen Stellte bemüht der Autor zur Erklärung der kruden Theorie eine Art „Energieerhaltungssatz”: „Keine Energie geht verloren, auch nicht die Brutalität der kirchlichen Institutionen. Sie sammelt sich in der Atmosphäre und kommt irgendwann wieder zum Tragen.” (33)
Die eigentlichen Urheber der Attentate sind nach dieser Logik dann auch nicht fanatisierte islamistische Fundamentalisten, sondern „letztlich sind es die Institutionen Kirche, die diese Blutspur zu verantworten haben” (33). Mit anderen Worten: Die moralisch Mitverantwortlichen sitzen im Vatikan – und vielleicht auch im Kirchenamt der EKD.
Andreas Fincke
Hinweis: Das "Universelle Leben" hat gegenüber der Materialdienst-Redaktion eine Gegendarstellung zu diesem Artikelbeantragt. Die Redaktion istlaut Niedersächsischem Pressegesetz zum Abdruck der Gegendarstellung verpflichtet. Siewird im Materialdienst 1/2002 erscheinen.