Bert Hellinger verstorben
Der Begründer einer speziellen Form der Familienaufstellung, Bert Hellinger, ist am 19.9.2019 im Alter von 93 Jahren in Bischofswiesen bei Berchtesgaden gestorben. Hellinger gilt als ein charismatischer, aber auch umstrittener Vertreter der Psychoszene. Im Unterscheid zur wissenschaftlich anerkannten und mittlerweile kassenärztlich zugelassenen systemischen Familientherapie stellte Hellinger nicht mehr Familienmitglieder selbst, sondern beliebige Stellvertreter auf, die angeblich die Gefühle der betroffenen Personen unwillkürlich übernehmen würden.
Das „Familienstellen nach Hellinger“ hat sich seit Mitte der 1990er Jahre rasant verbreitet, es war eine der populärsten Therapiemethoden der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts. Als die beiden Fachverbände für systemische Therapie die mangelnde Professionalität und das autoritäre Vorgehen im Jahr 2004 kritisierten und vor diesem Verfahren warnten, löste sich Hellinger von dem Anspruch heilkundlicher Psychotherapie. Zudem beklagte er, dass seine Lehre im Laufe der Zeit verfälscht worden sei. Zusammen mit seiner zweiten Frau Sophie ließ er sich die Marke „Original Hellinger® Familienstellen“ schützen und konzentrierte sich seitdem auf Lebensberatung für den Alltag. In eigenen Weiterbildungen wird die „Hellinger sciencia®“ vermittelt, eine neuartige „Wissenschaft von der Liebe des Geistes“.
Berichten zufolge arbeiten allein in Deutschland rund 2000 Psychotherapeuten, Ärzte und Heilpraktiker mit dieser Methode. Bis ins hohe Alter stellte Bert Hellinger seine Form des Familienstellens zusammen mit seiner Frau in Seminaren vor, vor allem in Osteuropa, zuletzt im Februar 2018 in China. Hellinger hat außerdem mehr als 100 Bücher geschrieben, die in 38 Sprachen übersetzt wurden.
Trotz seines Todes fanden Ende September die „Hellinger Tage International 2019“ in Bad Reichenhall statt, wie den Facebook-Eintragungen der Seite zu entnehmen ist, auf der auch zuerst der Tod des Gründers bekannt gemacht wurde (www.facebook.com/hellingersciencia ). In einer Schweigeminute wurde an den Gründer gedacht, und einige emotionale Reden würdigten das Lebenswerk Hellingers. Weil Sophie Hellinger das Erbe des Gründers fortführt und zusätzliche Akzente mit ihren „Cosmic Power“-Seminaren setzt, wird die Methode weiterhin auf dem psychospirituellen Lebenshilfemarkt präsent sein.
Michael Utsch