Hans-Martin Gloël (Hg.)

Brücken bauen - Christen und Muslime erleben Begegnung

Hans-Martin Gloël (Hg.), Brücken bauen – Christen und Muslime erleben Begegnung, Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, Neuendettelsau 2005, 185 Seiten, 9,80 Euro.


Der vorliegende Band berichtet aus der Geschichte und von den Aktivitäten des Begegnungszentrums Brücke-Köprü (Köprü = türkisch für Brücke) in Nürnberg, das als gemeinsames Projekt der finnischen lutherischen Mission (FELM), des Bayerischen Missionswerkes und der Nürnberger St.-Johannis-Gemeinde 1993 gegründet wurde und seitdem eine reiche Erfahrung in der Begegnung mit insbesondere türkischsprachigen Muslimen und Muslimas sammeln konnte. Zahlreiche Erzählungen, Erinnerungen und Berichte aus der Praxis des Dialogs, Zusammenlebens und miteinander Feierns aus vielen verschiedenen Blickwinkeln geben einen lebhaften Einblick in dieses Projekt. Der sensible und unaufgeregt argumentierende Text von H.-M. Gloël („Einander wahrnehmen“) vermittelt einen Eindruck von der Vortragstätigkeit der Brücke, das Protokoll eines Moscheebesuchs von Theologiestudierenden der Augustana-Hochschule (Neuendettelsau) (D. Becker/H. Hemme) ist in seiner Unvoreingenommenheit ein gutes Beispiel für christlich-islamische Begegnungen jenseits aller (positiven oder negativen) Hysterie. Berichte aus Arbeitsgruppen der Brücke, z.B. „Kant und Kismet“ (R. Braun), „Bibel und Koran“ (N. Durak), lassen etwas von der Gesprächskultur der Begegnungsstätte ahnen, und gut nachvollziehbar ist die Genese des Deutschkurses (Ch. Reinhardt), der beim gemeinsamen Zwiebelschälen und unter tränenden deutschen und türkischen Augen seinen Anfang nahm.

Auch wenn der Name des Begegnungszentrums einen deutsch-türkischen Schwerpunkt vermuten lässt, erstrecken sich – nach den Berichten zu urteilen – die Aktivitäten auf viele Nationalitäten und muslimische (und christliche?) Orientierungen. Die Verantwortung des Konzepts, Trägerschaft und hauptamtlich Tätige sind ausschließlich christlich; dies führe, so H.-M. Gloël in seinen einführenden Überlegungen, zur „Klarheit in der Identität“ und es bedeute die „Chance zur Begegnung mit Andersgläubigen auf gleicher Augenhöhe“ (16). Zwar scheint der Erfolg dem Konzept und seiner Durchführung mehr als Recht zu geben, jedoch kann man zu diesem Thema und der Frage einer möglichen christlich-muslimischen gemeinsamen strukturellen Verantwortung sicherlich unterschiedlicher Meinung sein.

Das Buch bietet im Anschluss an seine höchst lesenswerten Berichte und Reflexionen Tipps für gelingende Begegnungen und eine kompetent ausgewählte Literaturliste zum Weiterlesen. Hier liegt eine reflektierte Rekapitulation aus der Begegnungspraxis vor, die ihrerseits zu eigener Praxis anregt und/oder Mut macht zum Weitermachen.


Ulrich Dehn