Buddhismus. Ein Grundlagenwerk für Lehrende, Lernende und alle Interessierten

Dominique Side, Buddhismus. Ein Grundlagenwerk für Lehrende, Lernende und alle Interessierten, übers. aus dem Engl., Manjughosha Edition in Kooperation mit der DBU, Zeuthen 2010, 311 Seiten, 24,90 Euro.

Seit 2003 wird in Berlin buddhistischer Religionsunterricht erteilt, 2004 nahm die Deutsche Buddhistische Union (DBU) ein modulares Studienprogramm für Lehrerbildung auf, das inzwischen als jeweils auf zwei Jahre angelegter Lehrgang allen Interessierten offen steht (Verantwortliche der DBU: Doris Wolter). Der Bedarf an pädagogischen Hilfsmitteln aus erster Hand steigt im Ethikunterricht und in Curricula von Privatschulen. Bisher lagen Studienmaterialien vor allem zu Quellentexten oder speziellen Traditionen vor (z. B. „Ein Lehrgang in Stufen. Stufen eins bis vier, für Kinder von 5 bis 10 Jahren“, hg. vom Theravadanetz der DBU, 2008). Ein umfassendes, dennoch im Umfang überschaubares, didaktisch durchdachtes und inhaltlich kompetentes Grundlagenwerk von buddhistischer Seite fehlte hingegen.

Diese Lücke schließt nun die Übersetzung und teilweise Adaption eines Kompendiums der englischen Buddhistin und langjährigen Lehrerin Dominique Side (Lektorat Craig Meulen und Doris Wolter). Darauf aufbauende Unterrichtsmaterialien inklusive Kopiervorlagen wurden vom Verlag angekündigt .Das Buch enthält in 23 Kapiteln übersichtlich gestaltete Sachinformationen, zentrale Quellentexte und Kommentare, die von Bildern, grafischen Darstellungen, Karten und Begriffserklärungen begleitet werden. Ein Glossar mit Fachbegriffen – die in fünf Sprachen transliteriert sind, während sich der Haupttext mit einer stark vereinfachten Umschrift begnügt – sowie eine Literatur- und Filmliste schließen den Band ab.Die systematische Entfaltung der grundlegenden Lehren geht von den Vier Edlen Wahrheiten aus und wird in den Kontext des Lebens des Gautama Buddha sowie der indischen Religionsgeschichte gestellt. Die Hauptrichtungen des Buddhismus werden in ihrer geschichtlichen Entwicklung und ihren herausragenden Eigenheiten gewürdigt, ebenso die wichtigen kanonischen Schriften. Kapitel über Meditation und Meditationsformen, über religiöse Erfahrung und buddhistische Lebensweise kommen hinzu. Besonderes Interesse gilt der Darstellung buddhistischer Ethik, deren „Anwendung“ mit knappen Abschnitten zu konkreten Themen (Abtreibung, Vegetarismus, Klonen) veranschaulicht wird. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Einführung in buddhistische Philosophie, die praxisnah in Fragen der Selbst- und Weltwahrnehmung (Ontologie, Epistemologie) einübt sowie Berührungen mit wissenschaftlichen Herangehensweisen und Erkenntnissen thematisiert. Dem letztgenannten Aspekt ist zudem ein eigenes Kapitel gewidmet („Buddhismus und moderne Wissenschaft“). Mit dieser Gewichtung sind die mutmaßlichen Hauptadressaten des Buches – Ethik- und Philosophielehrer – im Blick.

In diesem Zusammenhang ist ein weiteres Merkmal hervorzuheben: Die Autorin versucht nicht nur, durch Querverbindungen und Vergleiche der Schulrichtungen dem westlichen Leser innerbuddhistische Differenzierungen nahezubringen und zu erklären, sie schlägt auch immer wieder Brücken zu europäischen Denktraditionen, zu Philosophie, Theologie und den modernen Wissenschaften. In vielen Kapiteln finden sich Abschnitte, die sich mit möglichen kritischen Rückfragen aus diesen Bereichen auseinandersetzen und damit eine hilfreiche Reflexionsebene anbieten. Außerdem schließen die meisten Kapitel mit Zusammenfassungen sowie einem Kasten mit konkreten Verständnis- und Diskussionsfragen zum Stoff – pädagogisch wertvoll. Manchmal bewegt sich die Autorin auf dünnerem Eis (Philosophie, Gottesfrage, Wissenschaftsbegriff), und streckenweise ist ein apologetischer Unterton nicht zu überhören. Doch der weitgehend bescheidene Charme der Darstellung und die praktische Ausrichtung auf den Unterricht wiegen dies auf.

Das letzte Kapitel über Buddhismus im Westen hätte man sich nicht gar so knapp und auch weniger zufällig in der Auswahl der Aspekte gewünscht. Es wirkt sich zudem ungünstig aus, dass ein Unterabschnitt mit derselben Überschrift im Geschichtskapitel untergebracht ist. Die hier vorgelegte allgemein verständliche, übersichtlich angelegte und leserfreundliche Darstellung des Buddhismus ist sicher nicht nur für den Ethik- oder Religionsunterricht zu empfehlen. Sie gibt allen Interessierten eine profunde Einführung in eine Weltreligion an die Hand, die auch hierzulande an Attraktion nicht verliert, sondern stetig zunimmt. Dass das Buch auf Abruf gedruckt wird, sollte zu seinem Vorteil gereichen. Dank dem Print-on-Demand-Verfahren können die leider nicht wenigen Druckfehler schnell behoben werden.

Friedmann Eißler