Buddhismus

Buddhistisches Rigpa-Netzwerk kommt nicht zur Ruhe

(Letzter Bericht: 10/2019, 379-381) Nach dem Tod des Gründers des internationalen buddhistischen Rigpa-Netzwerks, Sogyal Rinpoche, am 28. August 2019 wurden kritische Stimmen laut. Anhänger, führende buddhistische Lehrer und buddhistische Organisationen, darunter auch die Zentrale Tibetische Verwaltung (CTA), hatten auf der offiziellen Website des tibetischen Lamas Kondolenzbotschaften veröffentlicht. Wie das internationale Magazin für Buddhismus „Tricycle“ berichtete, protestierten Missbrauchsopfer und ihre Unterstützer dagegen, dass die Elogen die schweren Missbrauchsvorwürfe, die das Erbe des Lehrers belasteten, mit Schweigen übergingen. Damit würden die Taten verschleiert und die Opfer quasi zum Verschwinden gebracht. Eine Online-Petition, die die Dharmalehrer zur Zurücknahme solcher Äußerungen aufforderte, wurde von Hunderten unterzeichnet.

Dies zeigte Wirkung. Eine ganze Reihe von Nachrufen wurde zurückgezogen. Die CTA entschuldigte sich bei allen, die durch ihre Botschaft angesichts „einiger Kontroversen“ um das persönliche Verhalten Sogyal Rinpoches „geschockt und verärgert“ worden seien. Rigpa Deutschland sah sich genötigt, ein offizielles Statement nachzutragen, in dem es hieß: „Rigpa erkennt an, dass dies für ehemalige und gegenwärtige Mitglieder der Rigpa-Gemeinschaft, die Verletzungen erfahren haben, auch eine schwierige Zeit sein kann und möchte sich nochmals zutiefst entschuldigen. Wir setzen unseren Prozess der Heilung und Versöhnung sowie der Reformen, die Rigpa in den letzten zwei Jahren in Gang gesetzt hat, fort.”

Hintergrund der scharfen Konfrontation sind die Berichte über sexuellen Missbrauch, physische und psychische Gewalt sowie Verschwendungssucht, mit denen eine Gruppe von Schülern im Sommer 2017 an die Öffentlichkeit getreten war und die einen Skandal auslösten. Im August 2017 war Sogyal Rinpoche als spiritueller Leiter Rigpas zurückgetreten. Im Sommer 2018 veröffentlichte Rigpa Richtlinien in einem „Verhaltenskodex“ (vgl. MD 8/2018, 307f). Die Wunden sind offenkundig tief, die kritische Aufarbeitung hat erst begonnen.


Friedmann Eißler