Darwin als Vorbild
Naturkundemuseen und Botanische Gärten für wissenschaftliche Authentizität, gegen Wissenschaftsfeindlichkeit
Im Folgenden dokumentieren wir eine Pressemitteilung der „Deutschen Naturwissenschaftlichen Forschungssammlungen e. V.“ (DNFS), einer Vereinigung von Naturkundemuseen und Botanischen Gärten. Die Veröffentlichung beinhaltet ein Positionspapier, das aus Anlass des Darwin-Jahres herausgegeben wurde.
Anlässlich des 200. Geburtstags von Charles Darwin, der am 12.2.2009 gefeiert wird, verpflichten sich die großen Naturkundemuseen und Botanischen Gärten zur authentischen Vermittlung von Wissenschaft und Forschung sowie zur klaren Positionierung gegen Wissenschaftsfeindlichkeit. Sie wenden sich gegen pseudowissenschaftlichen Kreationismus, aber auch gegen unzulässige Grenzüberschreitungen der Naturwissenschaften. Ziel ist es allen Bevölkerungsgruppen die Faszination der Evolutionswissenschaften zu vermitteln und ihre Bedeutung für die nachhaltige Nutzung der Erde verständlich zu machen.
Charles Darwin selbst dient den Museen und Botanischen Gärten hier als herausragendes Vorbild. So begründet sich sein epochales Werk „Über die Entstehung der Arten“ auf seinen umfassenden, während der Beagle-Reise gemachten Beobachtungen und Aufsammlungen und der daraus abgeleiteten Entwicklung wissenschaftlicher Hypothesen. Diese untermauerte Darwin dann durch Materialauswertung, Zuchtversuche und weitere Beobachtungen. Er testete auch Theorien aus anderen Wissensgebieten und fügte all diese Erkenntnisse zu seiner umfassenden Gesamttheorie der Evolution zusammen.
Auch die Veröffentlichung seines Werkes geschah wohlüberlegt und hochprofessionell. So gab Darwin selbst Falsifizierungsmöglichkeiten an und sah mögliche gesellschaftliche Ablehnung voraus. Darwin blieb inhaltlich immer konsequent in seiner Wissenschaft, vermittelte seine Evolutionstheorie jedoch didaktisch sehr gekonnt. Er selbst beteiligte sich auch nicht an den darauf folgenden weltanschaulichen Zuspitzungen und unzulässigen sozialdarwinistischen Verfremdungen seiner Theorie. Er erduldete die damit verbundene Häme und widmete sich den Rest seines Lebens der weiteren Untermauerung seiner Evolutionstheorie, die Dank seines sorgfältigen Arbeitens bis heute in ihren Grundprinzipien Bestand hat.
Weltanschauliche Anfeindungen, Überinterpretationen und Zweckentfremdungen der Evolutionstheorie nehmen auch heute in Deutschland wieder zu. Die Naturkundemuseen und Botanischen Gärten des Konsortiums „Deutsche naturwissenschaftliche Forschungssammlungen“ (DNFS) und ihre Partner verpflichten sich deshalb, die Evolutionswissenschaften so authentisch und nachvollziehbar wie möglich zu vermitteln. Ihre Ausstellungen und Forschungen basieren insbesondere auf wissenschaftlich jederzeit nachprüfbaren Originalobjekten. Insgesamt umfassen die DNFS mehr als 100 Millionen naturkundlicher Objekte, welche die Evolution des Kosmos, der Erde und des Lebens eindrücklich untermauern.
Die moderne biologische Evolutionstheorie ist die derzeit beste und einzige naturwissenschaftliche Erklärung der Entwicklung des Lebens. Unterschiedlichste wissenschaftliche Methoden und Beobachtungen sichern sie ab und entwickeln sie weiter. Naturwissenschaften beschränken sich jedoch naturgemäß auf das „wie funktioniert die Natur, welche Prozesse sind dafür relevant?“ Sinnfragen können von ihnen nicht beantwortet werden. Sofern keine „Grenzüberschreitungen“ gemacht werden, schließen sich Religion und naturwissenschaftliche Ergebnisse deshalb nicht aus, da sie auf unterschiedlichen Ebenen liegen. Religiöse Elemente können jedoch keinen Platz in einer naturwissenschaftlichen Analyse der Erde und des Lebens haben. Aus diesem Grund lehnt die DNFS kreationistische Ansätze, incl. der Variante des sog. „Intelligent Designs“ kategorisch ab. Kreationismus ist keine Wissenschaft, da seine Postulate weder belegbar noch falsifizierbar sind. Kreationismus ist aber nicht nur wissenschaftsfeindlich, sondern richtet sich auch gegen moderne theologische Auslegungen und versucht gesellschaftspolitischen Einfluss zu erreichen. Evolution ist ein dauerhafter, auch heute noch anhaltender Prozess, sein Ergebnis ist die auch in Museumssammlungen dokumentierte Vielfalt an fossilen und heutigen Arten. Die Relevanz der Evolutionstheorie für eine nachhaltige Nutzung der biologischen Ressourcen sowie für das Wohl der Menschheit ist nicht hoch genug einzuschätzen.
Die deutschen Naturkundemuseen und botanischen Gärten unterstützen die Erforschung von Evolution durch ihre naturwissenschaftlichen Sammlungen und beteiligen sich umfassend selbst daran. Durch Ausstellungen und weitere öffentliche Aktivitäten fördern sie aktiv die Darstellung und Vermittlung der Evolution in der Öffentlichkeit. Sie verpflichten sich dabei, zwischen wissenschaftlich abgesichertem Wissen und noch im Stadium der wissenschaftlichen Diskussion befindlichen Aussagen zu unterscheiden, keine unzulässigen weltanschaulichen Schlussfolgerungen aus naturwissenschaftlichen Ergebnissen zu ziehen und die Forschungsmethodik der Evolutionswissenschaften nachvollziehbar und transparent darzustellen.
Gez., Die DNFS-Mitglieder, 10.2.2009
Dieses Positionspapier der Deutschen Naturwissenschaftlichen Forschungssammlungen ist verknüpft mit einer Reihe ähnlicher Stellungnahmen, darunter der internationalen Buffon-Erklärung von 93 großen naturkundlichen Einrichtungen, der Erklärung des Internationalen Komitees für Naturkundliche Museen und Sammlungen (ICOM-NATHIST) oder des EU-Museumsnetzwerks ECSITE.
Die Mitglieder der DNFS umfassen derzeit: Botanischer Garten Berlin-Dahlem; Forschungsinstitute und Museen Senckenberg-Verbund mit Sitzhaus Frankfurt/M. und weiteren Museen und Sammlungen u. a. in Dresden, Görlitz, Müncheberg; Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin; Zoologische Sammlungen der Universität Hamburg; Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns (mit Botanischem Garten München, Museum Mensch und Natur München sowie acht weiteren Museen); Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart; Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe; Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig in Bonn; Fachgruppe Naturwissenschaftliche Museen im Deutschen Museumsbund (mit ca. 150 weiteren Museen).
Link zur Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/news300232