Das „Haus der Religionen“ in Hannover wird erweitert

Der Anlass zur Gründung des „Hauses der Religionen“ in Hannover (nicht zu verwechseln mit seinem Schweizer Namensvetter in Bern oder dem in Berlin geplanten „House of One“) war ein trauriger und leider wieder hochaktueller: Am frühen Morgen des 29. Mai 1993 wurden bei einem rechtsextrem motivierten Brandanschlag auf ein Wohnhaus im nordrhein-westfälischen Solingen fünf Menschen türkischer Abstammung getötet. Das gemeinsame Entsetzen über diese rassistische Mordtat veranlasste eine multireligiöse Gruppe Hannoveraner um den evangelischen Pfarrer Hans Werner Dannowski zur Gründung des „Aktionskreises Religionen und Kulturen“. Zwölf Jahre später wurde dieser Arbeitskreis zur Keimzelle des anlässlich des 30. Deutschen Evangelischen Kirchentags in den Räumen der Hannoveraner Athanasiuskirche eröffneten „Hauses der Religionen“.

Dieses versteht sich als ein „Zentrum für interreligiöse und interkulturelle Begegnung“ und bietet einen neutralen Ort für eine Vielzahl multireligiöser Vortragsveranstaltungen und Podiumsdiskussionen, die von Schülergruppen ebenso besucht werden wie von Studierenden und anderen interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Das Haus der Religionen lockt jährlich rund 5000 Menschen an und vereint in seinem Leitungsgremium „Rat der Religionen“ Angehörige neun verschiedener Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (Alevitentum, Bahaitum, Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam, Jesidentum und Judentum sowie Vertreter des Humanismus). Neben ihrem gemeinsamen Bestreben, einen Ort für institutionalisierten interreligiösen Dialog zu schaffen und gesellschaftliche Toleranz zu fördern, eint die Projektbeteiligten auch ihr Wunsch, religiösem Fundamentalismus entgegenzuwirken. Das Haus der Religionen bietet hierfür den nötigen Raum, miteinander ins Gespräch zu kommen und nötigenfalls auch mit einer Stimme zu sprechen, wenn es etwa darum geht, religiös motivierten Hass zu verurteilen oder gemeinsame Friedensgebete zu organisieren.

Nachdem die Kirche 2013 entwidmet wurde, erwarben zwei Jahre später private Investoren die Gebäude der ehemaligen Athanasiusgemeinde, in denen neben dem Haus der Religionen auch ein kommunales Kulturbüro sowie ein Theater untergebracht sind. Bislang war das Haus der Religionen vor allem ein Veranstaltungsort, der über einen Flur mit einer Dauerausstellung über die unterschiedlichen Glaubensformen der dort vertretenen Religionen und Weltanschauungen, einen Seminarraum und hin und wieder einen großen Saal verfügte. Für dieses Jahr sind nun umfangeiche Umbauarbeiten vorgesehen. Nach den Plänen der Projektentwickler soll der große Kirchsaal ausgebaut werden, um den zahllosen interreligiösen Informations- und Diskussionsveranstaltungen mehr Raum zu geben und Wohnraum zu schaffen. Außerdem wird die Ausstellung multimedial erneuert, um etwa virtuelle Besuche von Moscheen oder Hindu-Tempeln zu ermöglichen. Durch den Umbau soll das Haus der Religionen so zu einem professionellen Bildungszentrum werden. Mit einer Neueröffnung wird im Sommer 2021 gerechnet, bis dahin finden die Veranstaltungen des Hauses der Religionen in reduziertem Umfang an anderen Orten statt.

Simon Benne: Mein Gott, dein Gott, in: Hannoversche Allgemeine, 18.5.2015, www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Haus-der-Religionen-Hannover-kaempft-fuer-Toleranz (Abruf der Internetseiten: 13.5.2020).

Investoren erweitern „Haus der Religionen“, in: Evangelische Zeitung vom 4.3.2020, www.evangelische-zeitung.de/investoren-erweitern-haus-der-religionen.

Mathias Klein: Umbau am Athanasiushaus startet 2020, in: Hannoversche Allgemeine, 13.4.2019, www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Fruehere-Kirche-in-Hannover-Arbeiten-am-Athanasiushaus-starten-2020 .

Christian Röther: 40 Glaubensrichtungen in einer ehemaligen Kirche, in: Deutschlandfunk Kultur, 16.12.2018, www.deutschlandfunkkultur.de/haus-der-religionen-in-hannover-40-glaubensrichtungen-in.1278.de.html?dram:article_id=435898 .


Alexander Benatar, 03.05.2020