Der rechte Rand der Piusbrüder bröckelt
(Letzter Bericht: 3/2009, 96-99) Die „Priesterbruderschaft St. Pius X“ wird meist als monolithischer Block mit einheitlichem traditionalistischem Kirchenbild gesehen. Im Zuge der Gespräche zwischen Piusbruderschaft und Vatikan traten aber interne Spannungen zutage, die dieses Bild der Einheitlichkeit erschüttern.
Schon früher konnte man zwischen den Zeilen lesen, dass nicht alle Mitglieder den Kurs der Leitung gegenüber Rom guthießen. Mitte 2012 eskalierte der Konflikt allerdings. Der derzeitige Generalobere, Bischof Bernard Fellay, schloss den Wortführer der internen Opposition, Bischof Richard Williamson, bereits im Juli 2012 vom Generalkapitel aus, das über den künftigen Kurs mit Rom beraten sollte. Am 4.10.2012 wurde Williamson dann gänzlich aus der Piusbruderschaft ausgeschlossen. Als Begründung hieß es im Kommuniqué des Generalhauses (25.10.2012): „S.E. Bischof Richard Williamson hat sich seit mehreren Jahren von der Führung und Leitung der Priesterbruderschaft entfernt und sich geweigert, den Respekt und den Gehorsam zu bezeigen, den er seinen rechtmäßigen Oberen schuldet.“
Inzwischen ist Williamson wohl dabei, eine eigene Gemeinschaft aufzubauen, und erwägt auch die mögliche Weihe von Bischöfen. In seinen wöchentlichen Rundbriefen „Eleison“ (deutsch unter http://eleisonkommentar.blogspot.de) greift er die Piusbruderschaft scharf an und wirft ihr „Liberalismus“ und „Verrat“ am Gedanken der Tradition vor.
Auch im deutschsprachigen Raum fand er einige Anhänger. So trennten sich die acht Schwestern des Karmel-Konvents in Brilon Wald von der Piusbruderschaft und schlossen sich Bischof Williamson an. Ähnliches hört man von einigen Priestern. Es wäre aber verfrüht, von einer Spaltung zu sprechen. Bisher handelt es sich höchstens um eine Abspaltung eines recht überschaubaren Personenkreises extremer Traditionalisten. Für die Piusbruderschaft dürfte es mit der Konkurrenz am rechten Rand dennoch schwieriger werden, ihre Gratwanderung zwischen der von ihr geschmähten „Konzilskirche“ und radikalen Traditionalisten und Sedisvakantisten (welche die Meinung vertreten, es gebe derzeit keinen rechtmäßigen Papst) zu gehen.
Gerald Kluge, Radeberg