Deutscher „Sektenführer“ in Uruguay ermordet aufgefunden
Die Leiche des 61-jährigen Arno Wollensak, Gründer der Berliner esoterischen Gruppe „Licht-Oase“ bzw. „Ramtha“ (vgl. MD 10/2000, 342) und von deutschen Behörden gesuchter Sexualstraftäter, wurde nach Angaben der Zeitung „El Pais“ Ende August 2016 am Strand der südosturuguayanischen Ortschaft La Floresta entdeckt und wenige Tage später identifiziert. Alles deutet auf einen Racheakt hin: Nach Mitteilung des zuständigen Richters sei der Tote im Sand halb begraben, mit einer Plastiktüte über dem Kopf, angelegten Handschellen und gefesselten Füßen aufgefunden worden.
Im Jahr 2005 machte der Erlebnisbericht der 25-jährigen Schweizerin Lea Saskia Laasner die destruktiven und menschenverachtenden Praktiken Wollensaks in einem Buch publik: Als Minderjährige war sie von ihm sexuell missbraucht worden (vgl. MD 5/2005, 188f).
Wollensak stammt ursprünglich aus Oerlinghausen im Lipperland. Die ersten Anfänge der esoterischen Gruppe werden laut Laasner in Berlin greifbar: Wollensak und Julie Ravell, das spätere „Medium“ der Gruppe, waren zunächst Osho- bzw. „Bhagwan“-Anhänger. Sie eröffneten einen esoterischen „Kristallladen“, wo sie dann auch „spirituelle Seminare“ anboten. So entstand Anfang der 1990er Jahre schließlich die esoterische Gruppe „Licht-Oase“ bzw. „Ramtha“, die jedoch nichts mit der gleichnamigen Gruppe um JZ Knight zu tun hat. Ravell betrachtete sich als „Medium“ der Gruppe und berief sich in ihren Channeling-Botschaften ebenfalls auf die Wesenheit Ramtha, was zu juristischen Auseinandersetzungen mit der Ideengeberin JZ Knight führte. Die US-Amerikanerin konnte erfolgreich gegen Ravell wegen der Verletzung von Urheberrechten klagen. Daraufhin durfte die Deutsche nach einem Beschluss des Obersten Gerichtshofs in Österreich (OGH 4Ob96/97i) keinen Kontakt mehr zu „Ramtha“ aufnehmen. Erstmals sei Ravell im September 1992 als „Medium, durch welches Ramtha spricht“, aufgetreten. Die „Licht-Oase“ teilte Anfang 1994 lapidar mit, dass Ravell nunmehr mit einer Wesenheit „Maghan“ auf einer höheren Schwingungsebene kommuniziere.
Die Gruppe um Wollensak und Ravell umfasste nach Schätzungen rund 40 Personen. Im Laufe der Zeit gab sich innerhalb der Gruppe ein typischer dynamischer Versektungsprozess zu erkennen: Die Anhänger um den charismatischen wie tyrannischen Wollensak waren zunehmend davon überzeugt, dass die Apokalypse unmittelbar bevorstünde, sie sich aber mit „Ramthas“ Hilfe transformieren könnten. Die Gruppe lebte in nahezu völliger Isolation in Österreich, Bayern und Portugal. 1993 siedelte sie nach Belize über, einem kleinen Land an der Südgrenze Mexikos. In dieser Zeit wurde die damals 13-jährige Laasner, deren Eltern Mitglieder der „Licht-Oase“ waren, missbraucht. 2001 gelang der inzwischen jungen Frau die Flucht. Sie erstattete Anzeige wegen Sexualverbrechen. Wie die Detmolder Staatsanwaltschaft mitteilte, soll der Mann zwischen Frühjahr und November 1994 die damals 13-jährige Laasner mehrfach vergewaltigt und sexuell misshandelt haben. Wollensak wurde daraufhin angeklagt, seine Partnerin Ravell wegen Beihilfe. Ihr wurde vorgeworfen, das Mädchen manipuliert zu haben, damit es sich nicht gegen die sexuellen Übergriffe wehrt.
Doch Wollensak und Ravell tauchten kurz vor Eröffnung des Prozesses am Landgericht Detmold im Frühjahr 2006 unter und flüchteten nach Uruguay. Wie der Tagesanzeiger (Zürich) in seiner Ausgabe vom 31.8.2016 berichtet, kam Wollensak 2008 unter falschem Namen und mit gefälschten Papieren über Surinam nach Uruguay. Dort blieb er zunächst unerkannt. Mit Spendengeldern seiner Anhänger kaufte er in Los Cerrillos einen ehemaligen Bauernhof.
Im Juni 2015 konnten Zielfahnder des Bundeskriminalamtes in Zusammenarbeit mit lokalen Ermittlern die Gesuchten in Uruguay aufspüren und auf ihrem Anwesen festnehmen. Die deutschen Behörden beantragten die Auslieferung der beiden, um sie in Detmold vor Gericht zu stellen. Das lehnte das zuständige Gericht in Uruguay jedoch ab. Zur Begründung hieß es lediglich, die Verbrechen seien nach lokalem Recht verjährt. Wie die Staatsanwaltschaft Detmold auf Presseanfrage mitteilte, werde Julie Ravell weiterhin per Haftbefehl gesucht. Die ermittelnden Behörden in Uruguay fahnden, wie es zuletzt in Schweizer Presseberichten hieß, auch nach Laasners Mutter, die ebenfalls immer noch zur Gruppe gehört und zwischenzeitlich untergetaucht ist.
Matthias Pöhlmann, München