Martin Langebach

Die Black-Metal-Szene. Eine qualitative Studie

Martin Langebach, Die Black-Metal-Szene. Eine qualitative Studie, VDM Verlag, Saarbrücken 2007, 139 Seiten, 27 Abbildungen (S/W), 49 Euro.


Mit seiner Arbeit legt der Sozialwissenschaftler und Diplompädagoge Martin Langebach die erste sozialwissenschaftliche Studie über die Black-Metal-Subkultur vor. Das Ziel des Autors ist die Darstellung und Analyse der Bewegung anhand des Szenekonzepts von Ronald Hitzler, Thomas Bucher und Arne Niederbacher. Diese hatten auf der Grundlage der Individualisierungsthese neue Vergemeinschaftungsformen Jugendlicher als „Szenen“ definiert. Für den Autor geht es neben der bloßen Deskription der Bewegung zusätzlich um die Frage, ob es sich bei der Black-Metal-Bewegung um eine Szene nach Hitzlers Definition handelt. Um dies zu klären, hat Langebach umfangreiche Recherchen innerhalb der Black-Metal-Bewegung durchgeführt, die neben Leitfaden-Interviews und der Sichtung von Fanmagazinen auch Beobachtungsprotokolle von Konzerten und Events umfassten. Dadurch kann er repräsentative Aussagen über Einstellungen, Freizeitverhalten, Geschlechterrollen und Erkennungsmerkmale innerhalb der Szene treffen und sie so gegenüber ähnlichen Jugendbewegungen abgrenzen.

Nach der Beschreibung seines Forschungskonzepts umreißt der Autor zunächst die Entstehungsgeschichte und Weiterentwicklung des Musikstils Black Metal, der sich musikalisch vor allem durch extrem verzerrte und schnell angeschlagene E-Gitarren sowie einen aggressiven Kreischgesang auszeichnet. Ein zentraler Aspekt des Black Metals sei seine antichristliche Ausrichtung, weshalb sich Bands des Genres vor allem mit okkulten, satanistischen und neo-heidnischen Themen befassen würden. Hierbei geht Langebach auch auf die szeneinternen Unterschiede zwischen Black Metal, Pagan Metal und National-Socialist Black Metal (NSBM) ein. Klassischer Black Metal setze sich primär mit satanistischen und okkulten Themen auseinander, beim Pagan Metal liege der Schwerpunkt im Bereich des Heidentums, während der „NSBM“ den extrem rechten Rand der Szene darstelle.

Im Bezug auf die Weltsicht der Black-Metal-Fans differenziert Langebach zwischen zwei Gruppen. Auf der einen Seite ließen sich lebensfeindliche Weltansichten unter den Black-Metal-Anhängern ausmachen, deren Verfechter oft auch eine Faszination für Gewalt und das Morbide verspüren würden. Auf der anderen Seite gäbe es die naturverbundenen Fans, die romantischen Vorstellungen einer archaischen und besseren Vergangenheit anhingen. Eine generelle Gemeinsamkeit überzeugter Mitglieder der Szene sei jedoch die Auffassung, es gehe beim Black Metal nicht nur um Musikleidenschaft, sondern um eine Lebenseinstellung. Diese umfasst laut Langebach vor allem eine weiterführende Auseinandersetzung mit den Themen der Musik (Satanismus, Heidentum etc.) und eine generelle Abgrenzungstendenz gegenüber der Gesellschaft. Den Wunsch nach einer Abschaffung des Christentums verzeichnet der Autor zwar in der gesamten Szene, strafrelevante Handlungen, um dieses Ziel durchzusetzen (z.B. Friedhofs- oder Kirchenschändungen), kämen aber nur sehr vereinzelt vor.

In weiteren Ausführungen beschreibt Langebach detailliert das äußere Erscheinungsbild (Kleidung, Schminke), die Informationsquellen (Zeitschriften, Internetforen) und die Treffpunkte (Konzerte, Clubs) des Black-Metal-Fankreises. Über die genaue Größe der Black-Metal-Szene vermag der Autor keine konkreten Aussagen zu machen, da weder Besucherzahlen auf Konzerten noch Plattenverkäufe szenetypischer Bands präzise Auskunft darüber geben könnten. Dies liege vor allem daran, dass eine große Anzahl Metal-Fans, die nicht speziell der Black-Metal-Bewegung zugerechnet werden könnten, auf szenetypischen Veranstaltungen anzutreffen seien. Aufgrund seiner Beobachtungen bei Konzerten und verschiedener Interviewaussagen stuft der Autor die Black-Metal-Subkultur jedoch als relativ kleines Phänomen ein.

Langebachs Studie ist eine der bisher besten Auseinandersetzungen mit dem Thema überhaupt. Fachlich versiert beschreibt der Autor die aktuellen und geschichtlichen Entwicklungen der Szene, wodurch ein genaues Bild des Phänomens Black Metal mit all seinen Facetten entsteht. So können sich auch Außenstehende ausführlich über die Einstellungen, Erkennungszeichen und Lebens- bzw. Freizeitgewohnheiten der Black-Metal-Fans informieren.

Das Buch ist besonders für Szenefremde zu empfehlen, da der Autor große Mühe darauf verwendet, jeden Begriff und Sachverhalt so detailliert und allgemeinverständlich wie möglich zu beschreiben. Die vielen sorgfältig ausgewählten Abbildungen visualisieren sinnvoll die beschriebenen Themen und tragen zum Verständnis bei. Zudem ist Langebachs Studie deutlich objektiver als viele andere Veröffentlichungen zum selben Thema. Der Autor zeigt zwar die Gefahren innerhalb der Szene deutlich auf (ganz besonders die aus dem extrem rechten NSBM-Bereich), überbewertet diese jedoch nicht unsachgemäß, schürt also keine irrationalen Ängste.


Konrad Boidol, Hannover