In eigener Sache

Die EZW auf Exkursion im Taunus

Vom 9. bis 11. November 2011 hatte die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) Kolleginnen und Kollegen aus der evangelischen und katholischen Weltanschauungsarbeit zu einer Exkursion in den Taunus eingeladen. Auf dem Programm standen Besuche bei verschiedenen Religionsgemeinschaften: bei den Mormonen auf dem Tempelgelände in Friedrichsdorf, bei der Wachtturm-, Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas in Selters, bei den Bahá’í in einem ihrer weltweit nur sieben „Häuser der Andacht“ in Hofheim-Langenhain, bei der noch jungen Religionsgemeinschaft Bhakti Marga in Springen; außerdem fand ein Gespräch mit den Initiatoren der Healing Rooms Deutschland statt.Im direkten Vergleich zeigten sich besonders deutlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei den Begegnungen. Überall wurde die mit 27 Personen recht große Exkursionsgruppe sehr gastfreundlich empfangen. Bei den Gesprächen bedauerten es meist beide Seiten, dass nicht mehr Zeit zum Austausch war.Einen unverzichtbaren und wertvollen Einblick in das Leben der Gemeinschaften vermittelten die Gebäude und Räume. Bei den Mormonen und bei Jehovas Zeugen fiel der amerikanische Gestaltungsstil auf, der ihr gemeinsames Herkunftsland verriet. Bemerkenswert ist die Sorgfalt der Mormonen im Umgang mit ihrem Tempel, dessen Vorräume wir als Gäste besichtigen durften. Dass der Tempel den Mormonen heilig ist, war gleichsam mit Händen zu greifen. Das große, moderne Druckzentrum der Wachtturm-Gesellschaft in Selters, von dem aus verschiedensprachige Publikationen in alle Welt verschickt werden, vermittelte einen Eindruck von dem Einsatz, mit dem sich die Mitglieder in ihre Gemeinschaft einbringen, und führte die Rolle der Schrifterzeugnisse der Wachtturm-Gesellschaft bei der Mission und beim gemeinsamen Studium vor Augen.Das Haus, in dem sich die Gemeinschaft Bhakti Marga um ihren aus Mauritius stammenden spirituellen Meister Sri Swami Vishwananda, angesiedelt hat, zeigte eine Gemeinschaft im Aufbau, die noch dabei ist, sich zu finden. Sie hat 2008 ein von außen ganz und gar nicht spirituell wirkendes ehemaliges Gewerkschafts-Tagungshaus mitten auf dem Land in Besitz genommen und ist dabei, es zu ihrem Zentrum bzw. Ashram auszubauen. Alles wirkte noch provisorisch. Auch hier war das hohe Engagement der Mitglieder der Gemeinschaft und ihr Wille zu erkennen, ihrer Religiosität und ihrem Lebensgefühl angemessen und liebevoll Ausdruck zu geben. Im Gegensatz zur strikten Klosterordnung bei Jehovas Zeugen begegnete hier eine Gemeinschaft mit großer individueller Freiheit. Bhakti Marga praktiziert einen erstaunlichen Mix aus hinduistischen und christlich-orthodoxen Elementen. Der zentrale religiöse Versammlungsraum ist Krishna gewidmet.Inmitten zahlreicher hinduistischer, christlicher und profaner Figuren und Figürchen an der Stirnseite des Raumes findet sich der Stuhl, auf dem Vishwananda bei seinen Darshans Platz nimmt. In der Mitte des Raumes stehen ein E-Piano, Boxen und weitere Technik für die Musik, die in Form von Lobpreisgesängen eine große Rolle spielt. Ein weiterer Raum ist wie eine orthodoxe Kapelle eingerichtet, mit zahlreichen Ikonen aus eigener Werkstatt und mit einer eigenen Reliquiensammlung.Die Begegnung mit Vertretern der Bahá’í fand in einem Gemeindehaus neben dem „Haus der Andacht“ statt, das aufgrund von Renovierungsarbeiten nur von außen besichtigt werden konnte. Das anregende Gespräch wies die Mitglieder als gebildete Anhänger einer Schriftreligion aus.Das Gespräch mit den Initiatoren der Healing Rooms Deutschland, dem Ehepaar Hanheiser, fand im Religionspädagogischen Studienzentrum der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Kronberg statt, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Exkursion untergebracht waren. Mit Bernd Hanheiser begegnete uns ein mittelständischer Unternehmer, der gewohnt ist, die Initiative zu ergreifen. Die Organisationsstruktur und inhaltliche Ausrichtung der Healing Rooms ist so offen, dass größere Unterschiede in der jeweiligen Theologie zutage treten, je nachdem, wer die interkonfessionell ausgerichteten Healing Rooms vor Ort betreibt. Auch hier begegnete uns ein vergleichsweise junges Projekt, ursprünglich beheimatet in der Pfingstbewegung, das nach einer Zeit des Wachstums ins Stocken geraten ist.Die Begegnungen und Gespräche hatten einen unterschiedlichen Charakter – je nach Alter und Ausrichtung der Gemeinschaften. Bei den jungen Gemeinschaften und Projekten Bhakti Marga und Healing Rooms waren die Gespräche vor allem informierender Art. Die Begegnung zielte auf ein erstes Kennenlernen, welcher Art die Gemeinschaft und ihre Vertreter sind. Bei den älteren Gemeinschaften, mit denen bereits über einen längeren Zeitraum Kontakte bestehen, dienten die Begegnungen dazu, im Gespräch zu bleiben. Vor allem die Besuche bei den Mormonen und bei den Bahá’í zeigten eine über die Jahre gewachsene Vertrautheit und Sicherheit im Umgang miteinander. Anders war das Gespräch bei Jehovas Zeugen, die sich stark abschotten. Umso wichtiger ist es, immer wieder den Kontakt zu suchen. Wir waren dankbar für die gastfreundliche Aufnahme und Gesprächsbereitschaft in Selters, auch wenn das Gespräch selbst nach wie vor mit Schwierigkeiten verbunden ist.


Claudia Knepper