Dennis Koselowsky

Die islamische „Zeitehe“

Religiös legitimierte Prostitution, Erniedrigung der Frau - oder zeitgemäße Wahrung ihrer Unabhängigkeit?

Im Juni 2012 kam der Film „Im Bazar der Geschlechter“ der iranisch-österreichischen Regisseurin Sudabeh Mortezai auf DVD heraus.1 Er thematisiert die sogenannte Zeitehe, eine bestimmte Form der Ehe, wie sie hauptsächlich von Schiiten praktiziert wird.2 Was hat es mit dieser „Zeitehe“ auf sich?

Mit Sigheh (pers.) bzw. Mut’a(arab.) wird eine Ehe auf Zeit bezeichnet, deren Vorläufer man bei den vorislamischen Arabern und Beduinen, gelegentlich auch bei den Zoroastriern annimmt.3 In der Umgangssprache wird im Iran meist der Ausdruck Sighehgebraucht und bezieht sich dabei auf den Vertragscharakter dieser Ehe. Die Zeitehefrau wird ebenfalls Sigheh genannt. Im Folgenden wird der bekanntere Begriff Mut’averwendet, der in Anspielung auf den Koran, Sure 4,24, die „Genussehe“ bezeichnet (nikah al-mut’a)4. Dieser Koranvers dient als Grundlage für die religiöse Legitimation der Institution der Mut’a bei den Schiiten, die sie mithin als Teil der islamischen Lehre betrachten: „... Erlaubt ist euch, was darüber hinausgeht, (nämlich) dass ihr mit eurem Besitz (Frauen) begehrt zur Ehe und nicht zur Hurerei (Frauen). Welche von ihnen ihr dann genossen habt, denen gebt ihren Lohn als Pflichtteil. Es liegt aber keine Sünde für euch darin, dass ihr, nachdem der Pflichtteil (festgelegt) ist, (darüber hinausgehend) euch miteinander einigt.“

Verbreitung der Zeitehe

Die Zeitehe findet aktuell fast ausschließlich in der schiitischen Glaubensrichtung des Islam Anwendung. Die größte Verbreitung hat sie daher im Iran, ist aber auch im Irak und im Libanon zu finden. Die (schiitischen) Zaiditen des Jemen lehnen sie allerdings ab. Zuspruch fand sie dagegen auch unter Nichtmuslimen: In Reiseberichten aus dem 19. Jahrhundert über den Iran ist von (christlichen) Ausländern die Rede, die Zeitehen mit Armenierinnen schlossen. Im Irak, wo die Zeitehe unter Saddam Hussein verboten war, erlebte sie mit der US-Invasion seit circa 2003 einen Aufschwung. Zahlreiche mittellose Kriegswitwen wählen die Mut’a, um sich finanziell abzusichern. Man kann auf diesem Gebiet einen steigenden iranischen Einfluss im Irak erkennen.5

Der Großajatollah Iraks, Seyyid Ali al-Sistani, legitimiert die Zeitehe und bezieht auch auf seiner offiziellen Internetseite Stellung.6 Ihm zufolge ist u. a. auch eine Zeitehe mit einer Frau der Leute des Buches (Christen, Juden) möglich, wenn der muslimische Mann nicht schon mit einer muslimischen Frau verheiratet ist. Diese Frage stellt sich v. a. für Muslime, die in hauptsächlich christlichen Ländern leben und eine religiös legitime Kurzbeziehung eingehen wollen. Eine schon verheiratete Christin darf jedoch erst nach ihrer Scheidung geheiratet werden.

Im Libanon erfährt die Zeitehe seit dem zweiten Libanonkrieg 2006 einen Aufschwung und breitet sich in den südlichen Bezirken Beiruts und im Südlibanon aus. Damals musste die Hizbollah eine ausufernde Prostitution eindämmen und fand in der Institution der Zeitehe ein geeignetes Mittel. Die Hizbollah nutzt sie außerdem, um Kontrolle und Unterstützung für ihr Anliegen zu sichern und auch um neue Mitglieder zu gewinnen, indem sie die sexuellen Bedürfnisse ihrer Anhänger auf eine islamisch legitimierte Grundlage stellt. Auch im Libanon hält eine schwierige wirtschaftliche Situation junge Schiiten von einer Dauerehe ab, da sie mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden ist. Die Zeitehe erfüllt ebenso ihren Zweck, und z. T. wird die Erfüllung des sexuellen Begehrens als religiöse Pflicht gesehen. Witwen, deren Männer als Märtyrer gefeiert werden, da sie im Kampf gegen Israel gefallen sind, sollen gar ihren neuen Ehegatten eine erhöhte Belohnung im Himmel einbringen.7 Eine vermittelnde Position nimmt der schiitische Schriftsteller Ahmad al-Katib (Pseudonym) ein, der von einer Erlaubnis einer Zeitehe in Krisenzeiten ausgeht.8

Regularien der Zeitehe

Nach schiitischer Tradition kann ein Mann unendlich viele Zeitehen eingehen, sofern er die finanziellen Ressourcen dazu hat, und gleichzeitig eine Dauerehe führen. Eine Frau kann jedoch nur eine Zeitehe oder eine Dauerehe (nikah) eingehen, nicht jedoch beides gleichzeitig. Mitunter wissen die in einer Dauerehe lebenden Ehefrauen nichts von den Zeitehen, die ihr Mann nebenher führt. Das Bekanntwerden einer Zeitehe führt oft zu einer Scheidung bzw. Scheidungsanstrengung der Dauerehegattin.

Die Frau muss nach einer Zeitehe zwei Menstruationszyklen abwarten (’idda), um die Vaterschaft eines etwaigen Kindes feststellen zu können, bevor sie eine neue Ehe schließt. Kinder, die einer Zeitehe entspringen, sind legitim und müssen vom Ehemann anerkannt und versorgt werden. Erbansprüche entstehen aus einer Zeitehe nicht, und auch ein Anspruch, das Ehebett miteinander zu teilen, besteht nicht. Dies steht nur der Dauerehegattin zu. Die Frau hat jedoch auch einen Anspruch darauf, dass ihr der Ehemann in einem Zeitraum von vier Monaten zumindest einmal beiwohnt. Die Zahl der sexuellen Begegnungen kann vorher festgelegt werden.

Der Mann erwirbt den Nießbrauch an der Frau, vornehmlich ihre sexuelle Verfügbarkeit, und die Ehefrau erwirbt einen Brautpreis (mahr) und eine gewisse finanzielle Sicherheit.9 Die Zeitehe kann vor Ablauf der festgelegten Frist nicht durch die Frau allein beendet werden. Eine Beendigung kann in diesem Fall nur in beiderseitigem Einvernehmen oder aber durch den Mann allein geschehen.10 Der Mann hat in dieser Hinsicht mehr Rechte.

Ein solcher Eheschluss bedarf nur weniger Formalien, findet aber wohl zumindest im Iran regelmäßig vor einem Mullah statt, der einen Ehevertrag aufsetzt, die Ehe registriert und religiös legitimiert. Wichtig scheint dabei zu sein, die Ansprüche der Frau bei einer Schwangerschaft zu sichern und ihre unmoralische Ausnutzung zu verhindern.11

Die Eheerklärung kann in anderen Regionen mündlich oder schriftlich auch ohne behördliche Registrierung und auch durch Stellvertreter ausgesprochen werden, wenn sie denn den Wünschen der Ehepartner entspricht. Zum Beispiel kann eine Ehefrau einer solchen Erklärung auch im Nachhinein zustimmen und die Zeitehe somit in Kraft treten lassen.

Eine Zeitehe soll die durchschnittliche Lebensspanne eines Menschen nicht übersteigen; wenn das der Fall ist, sollte eine Dauerehe angestrebt werden. Eine Zeitehe wird auf einen Zeitraum von einer halben Stunde bis 99 Jahre terminiert. Nach Ablauf der Frist endet sie dann ohne Scheidungszeremonie. Gerade die kurzen Zeitspannen setzen die Zeitehe vor allem von sunnitischer Seite dem Vorwurf der religiös legitimierten verdeckten Prostitution oder des Konkubinats aus. Diesem Vorwurf wird u. a. mit dem unterschiedlichen Rechtsstatus von Zeitehekindern begegnet, die vom Recht her voll anerkannt sind.12

Von schiitischer Seite wird die Zeitehe als Instrument gesehen, die Frauen, v. a. Witwen und Geschiedene, vor Sünde und Sittenverfall zu bewahren. Witwen und Geschiedene haben einen schlechten Stand und in Bezug auf Dauerehen gegenüber Jungfrauen oft das Nachsehen. Auch für unverheiratete junge Frauen würde auf diese Weise zina, unehelicher Geschlechtsverkehr, verhindert. Unverheiratete haben immer noch ein eher niedriges Ansehen und können schlechter am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Der Aufenthalt Unverheirateter auf einer Feier oder auch nur ein gemeinsamer Spaziergang kann im Iran zu Konsequenzen führen; Körper- und Geldstrafen können die Folge sein. Bei Frauen kann zudem ein Jungfräulichkeitstest angeordnet werden.13

Aktuelle Entwicklung

Aktuell ist im Iran die Entwicklung zu beobachten, dass eine Zeitehe, bedingt durch die wirtschaftliche Situation, zunehmend attraktiver wird. Auch im Iran steigt das durchschnittliche Heiratsalter, die Zahl der Scheidungen nimmt zu. Vor allem junge Paare suchen in einer wirtschaftlich angespannten Situation nach legalen Beziehungen in den vorgegebenen religiösen Grenzen. Eine reguläre Dauerehe ist sehr teuer, da der Mann einen recht hohen Brautpreis (mahr/ajr) zahlen muss und natürlich auch weiterhin finanziell für das Auskommen seiner Ehefrau aufzukommen hat. Der Brautpreis wird normalerweise in Goldstücken entrichtet, was eine Eheschließung durch den in letzter Zeit gestiegenen Goldpreis zusätzlich verteuert hat.14

In einer Zeitehe fällt der Brautpreis bedeutend niedriger aus. Daneben gibt es für die Ehefrau der Zeitehe aber bisweilen Geschenke und weitere finanzielle Zuwendungen, wenn sie dieser bedarf. Die Einrichtung eines Haushalts, wie sie in der Dauerehe vorgesehen ist, entfällt aber.

Jedoch steht die Mut’a auch im Iran in keinem sehr hohen Ansehen und ist v. a. beim gebildeten Bürgertum verpönt. Für junge Mädchen, die bisher noch nicht verheiratet waren, gilt sie als Schande. Größtenteils wird sie heimlich geschlossen und der Familie und dem Umfeld nicht mitgeteilt. Dies spielt z. T. bei sunnitisch-schiitischen Beziehungen eine Rolle, bei der der Lebensgefährte nicht von der Familie akzeptiert wird. Zum Teil wissen auch weitere zeitehegebundene Ehefrauen nichts voneinander.15

Problematische Zeitehe

Die Frauen, die eine Zeitehe führen, seien größtenteils nicht sehr religiös, da eine Tochter aus „gutem Hause“ so etwas nicht mache, wohingegen sich die Männer besonders aufgrund religiöser Gesichtspunkte der Zeitehe zugetan fühlen bzw. sie damit begründen.16 Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Ehemänner die religiösen Vorgaben für sich ausnutzen und ihre sexuellen Vorstellungen in einer Zeitehe ausleben, wenn sie etwa in einer unglücklichen Dauerehe leben, sei sie arrangiert oder nicht. Aus finanziellen oder gesellschaftlichen Gründen wollen die Männer ihre Dauerehe nicht beenden und suchen einen sexuellen Ausgleich in einer Zeitehe. Nach meiner Einschätzung geht es nur darum.

Hier wird noch einmal das Ungleichgewicht in dieser Eheform deutlich. Die Männer bedienen sich eines religiös legitimierten Seitensprungs, bei dem sie dazu noch weitreichende Eherechte bis hin zum Anspruch auf die Kinder haben. Die Frauen hingegen sind in einer schwachen rechtlichen Position und stehen unter psychischem und gesellschaftlichem Druck. Eine Einrichtung, die sie angeblich schützen soll, rückt sie noch weiter an den Rand. Gegen teilweise geringe finanzielle Zuwendungen geben sich die Zeitehefrauen dem Ehemann als Konkubine hin. Dieses Ehesystem mag für manche bedrückten Frauen eine finanzielle Rettung sein. Zur Bewahrung der Moral und zur Stärkung der rechtlichen Position, etwa verwitweter Frauen, führt es nicht.

Das schlechte Ansehen der Mut’astammt wohl auch aus der Schah-Zeit. Nach dem Erlass des Familienschutzgesetzesvon 1967 wurden Zeitehen nicht mehr anerkannt und waren auch vorher schon Restriktionen unterworfen. Verboten wurde die Zeitehe jedoch nicht. Im nachfolgenden Familienschutzgesetz von 1974 wurde sie nicht erwähnt. Seit der islamischen Revolution von 1979 wird versucht, diese Institution wieder zu stärken und sie, bedingt durch ihre gesetzliche und religiöse Absicherung, gegenüber dem Westen und seiner Idee von losen bzw. freien Beziehungen als moralisch überlegen darzustellen. Der menschlichen Sexualität soll mit dieser Einrichtung am besten entsprochen werden. Ihr eher schlechtes, zumindest umstrittenes Ansehen konnte sie bis jetzt aber nicht loswerden.

Die Zeitehe ist eher ein urbanes Phänomen und funktioniert nur dort, wo traditionelle Familienverbände und Moralkodizes aufbrechen, etwa wenn das Familienoberhaupt seine Tochter nicht mehr ausreichend kontrollieren kann, weil sie an einer städtischen Universität studiert oder einen Arbeitsplatz hat, an dem Männer und Frauen täglich aufeinander treffen und miteinander interagieren müssen.17

Für junge Paare könnte die Zeitehe einen Gewinn darstellen, da ihre oft heimlichen Partnerschaften nach islamischen Regularien legalisiert werden könnten. Gleichzeitig würde eine junge Frau Anfang 20 nach einer Zeitehe und dem Verlust ihrer Jungfräulichkeit stark im sozialen Status sinken, und es wäre ihr fast unmöglich, einen festen Ehepartner zu finden.

Die Zeitehe in der Sunna

Von den Sunniten wird die Zeitehe dagegen abgelehnt, da sie durch den Religionsstifter Mohammed noch zu seinen Lebzeiten verboten worden sein soll, was durch den Kalifen Umar Ibn al-Khattab bestätigt wurde. Lediglich in der Frühzeit des Islam in einer Zeit der Krise sei eine solche Ehe zulässig gewesen.18 Die Mehrheit der Sunniten betrachtet die Festlegung von Sure 4,24 durch Sure 23,5f (vgl. 70,29f) als abrogiert.

In eine ähnliche Richtung wie die schiitische scheint dagegen der ansonsten streng konservative sunnitisch-salafitische Rechtsgelehrte Scheich Abdul Majeed al-Zindani der Al-Iman-Universität im Jemen zu gehen, der in einer fatwa(religiöses Rechtsgutachten) von „verheirateten Freunden spricht und sich für eine temporäre Beziehung von Auszubildenden und Studenten ausspricht bzw. diese gutheißt, wenn bestimmte Voraussetzungen dabei erfüllt werden. Danach muss eine Eheerklärung und ein -einverständnis vorliegen, ein symbolischer Brautpreis gezahlt werden, ein Verantwortlicher (wali) bzw. Zeugen zugegen und kein sonstiger allgemein anerkannter Ehehinderungsgrund gegeben sein. Diese Entscheidung erfuhr scharfe Kritik von anderen sunnitischen Gelehrten und Geistlichen. Vor allem die Al-Azhar-Universität in Kairo wies diese fatwa scharf zurück. Nach Zindanis Worten zielte die fatwa v. a. auf Muslime in Europa und im sonstigen Ausland ab.19

Auf den Internetseiten schiitischer Gelehrter dreht es sich sehr häufig darum, ob und wie man als Muslim auf Reisen oder etwa beim Studium im Ausland eine legitime Zeitehe auch mit einer Nichtmuslima eingehen kann.

Der sunnitische Rechtsgelehrte Yusuf al-Qaradawi, der dem „European Council for Fatwa and Research“ vorsteht und durch seine Sendung „Die Scharia und das Leben“ auf Al-Jazeera sowie durch das Onlineportal „Islamonline.net“ bekannt und einflussreich wurde, sieht die Zeitehe ebenfalls als illegitim und als durch den Religionsstifter Mohammed verboten an.20

Im sunnitisch-wahhabitischen Saudi-Arabien wird die Mut’a allgemein als Prostitution angesehen, auf die die Todesstrafe steht. Problematisch scheint hier die starke schiitische Minderheit im Osten des Landes zu sein, wobei von einer Praktizierung der Zeitehe in dieser Bevölkerungsgruppe nichts bekannt ist.

Ähnlich wie die Zeitehein der Schia wird von den Sunniten mittlerweile die nikah Misyar (Reiseehe) gehandhabt. Sie ist in Ägypten, Saudi-Arabien und den Golfmonarchien verbreitet. In der Misyar verzichtet die Ehefrau auf bestimmte Rechte, die ihr nach der islamischen Tradition zustehen, so z. B. auf finanzielle Zuwendungen und einen gemeinsamen Haushalt, und kann weiter bei ihren Eltern wohnen. Der Unterschied zwischen den beiden Eheformen besteht darin, dass die Reiseehe auf Dauer geschlossen wird. Eine Scheidung ist aber nach wie vor jederzeit möglich, sodass die Misyar der schiitischen Mut’aim Endeffekt sehr nahekommt. Die sunnitischen Männer, die eine Reiseehe eingehen, z.  B. Facharbeiter im muslimischen Ausland oder Studenten, sind meist schon verheiratet, können sich eine zweite reguläre Ehefrau finanziell nicht leisten, wollen aber dennoch nicht auf eine legitime Beziehung zu einer Frau verzichten. Eine Misyarkann anders als eine Mut’a nicht im Geheimen geschlossen werden, sie muss offiziell erfolgen. Der Großmufti Saudi-Arabiens, Abd al-Aziz ibn Baz, und der Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, Muhammad Sayyid Tantawi, als quasi oberste Autorität der Sunna hießen die Misyar 1999 gut.21

Neben der Reiseehe steht in muslimisch-sunnitischen Ländern die nikah ’urfi, die seit einiger Zeit etwa in Ägypten oder Tunesien wieder vermehrt Anwendung findet. Auch sie ist eine Zeitehe. Die ’urfi-Ehe („religiös inoffizielle, weltliche“ Ehe) wird nicht vor staatlichen oder religiösen Stellen, wohl aber vor weiteren Zeugen geschlossen. Dennoch wird eine solche Ehe meist geheim gehalten. Von offizieller religiöser Seite wird diese Form der Ehe abgelehnt, da sie die islamischen Ansprüche an eine Ehe nicht erfülle. Die beiden Ehepartner versprechen einander die Ehe und unterzeichnen meistens einen Vertrag. Staatlicherseits werden solche Eheschließungen nicht anerkannt, sodass sich aus diesem Eheversprechen auch keine Ansprüche der Ehepartner ergeben. Auch hier spielen sexuelle Beziehungen und die hohen Kosten einer regulären Dauerehe eine Rolle im Blick auf die Attraktivität einer solchen Zeitehe. Die Ehefrau ist wie bei den anderen Zeitehemodellen in einer schlechteren Position, da sie keine finanziellen Ansprüche an den Ehemann hat und eine Schwangerschaft weitere Lasten für sie bringen kann, ohne dass der Ehemann ihr beistehen muss. Zudem kann sie der Vorwurf des außerehelichen Geschlechtsverkehrs ins Gefängnis bringen und der Verlust der Jungfräulichkeit ihre Chancen auf eine reguläre Heirat zunichte machen.22


Dennis Koselowsky, Berlin


Anmerkungen

1 Im Bazar der Geschlechter (2009), Regisseurin: Sudabeh Mortezai, DVD, 87 Min., Österreich/Deutschland: W-Film.

2 Aufgrund seiner angeblich „sarkastischen Sichtweise gegenüber einem religiösen Thema“ ist der Film in Teheran verboten; vgl. S. Farshid Motahari, Kinofilm über umstrittene Zeitehe im Iran, in: Nassauische Neue Presse, www.fnp.de/nnp/nachrichten/kultur/kinofilm-ueber-umstrittene-zeitehe-im-iran_rmn01.c.9091036.de.html  (6.2.2013).

3 Die Zeitehe im sasanidischen Recht – ein Vorläufer der schiitischen mut’a-Ehe in Iran?, in: Archäologische Mitteilungen aus Iran 18 (1985), 187-203.

4 Werner Ende, Ehe auf Zeit (mut´a) in der innerislamischen Diskussion der Gegenwart, in: Die Welt des Islams, New Series, Vol. 20, 1/2 (1980), 1-43.

5 Nancy Trejos, Temporary „Enjoyment Marriages“ in Vogue Again with Some Iraqis, 2007, www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/01/19/AR2007011901850.html (6.2.2013)

6 The Official Website of Grand Ayatollah al-Uzma Seyyid Ali al-Sistani, www.sistani.org/index.php?p=616687&id=1190 und www.sistani.org/index.php? p=251364&id=48&pid=2350  (9.3.2012).

7 Hanin Ghaddar, The Militarization of Sex, 2009, www.foreignpolicy.com/articles/2009/11/25/the_militarization_of_sex  (6.2.2013).

8 Ahmad al-Katib, Sexual relationships for Muslims in the West: The problem and its different solutions, www.alkatib.co.uk/sexual%20problem.htm  (6.2.2013).

9 Nach Shala Haeri, Law of Desire: Temporary Marriage in Shi’i Iran, Syracuse, New York 1989, 34 und 36-37.

10 Nancy Trejos, Temporary „Enjoyment Marriages“, a.a.O.

11 The Office of the Supreme Leader, FAQ, time marriage, www.leader.ir/tree/index.php?catid=38  (9.3.2012).

12 Shahla Haeri, „Mot’a“, Encyclopaedia Iranica, Online Edition, 20.7.2005, www.iranicaonline.org/articles/mota  (9.3.2012).

13 Navid Kermani, Schöner neuer Orient. Berichte von Städten und Kriegen, München 2003, 226.

14 Raz Zimmt, Temporary Marriage on the rise as gold prices increase, Spotlight on Iran, www.terrorism-info.org.il/malam_multimedia/English/eng_n/html/iran_e153.htm  (6.2.2013).

15 Nancy Trejos, Temporary „Enjoyment Marriages“, a.a.O.

16 Interview mit der Regisseurin Sudabeh Mortezai zum Thema Genussehe im Iran,www.stadtmagazin.com/neuss/interview-mit-der-regisseurin-sudabeh-mortezai-zum-thema-genussehe-im-iran/s1c37r1k5i673/index.html  (9.3.2012).

17 Shahla Haeri, „Mot’a,Encyclopaedia Iranica, Online Edition, a.a.O.

18 Ahmad al-Katib, Sexual relationships for Muslims in the West, a.a.O.

19 United Nations Development Programme, Arab Human Development Reports, Regional, 2006, Arab Youth Strategising for the Millennium Development Goals, www.un.org/esa/socdev/unyin/documents/arabyouthmdgs.pdf  (6.2.2013); Nabil Sultan, Controversial Fatwa Seeks to Unite Muslim Lovers, 17.9.2003, www.other-news.info/2003/09/controversial-fatwa-seeks-to-unite-muslim-lovers  (6.2.2013).

20 Excerpts from „Al-Halal wal-Haram fil Islam“, The halal and the haram in marriage by Yusuf al-Qaradawi, http://zawaj.com/qaradawi/marriage.html#anchor14  (6.2.2013).

21 Misyar marriage: definition and rulings, www.zawaj.com/tag/misyar  (6.2.2013); Somayya Jabarti, Misyar Marriage – a Marvel or Misery?, 2005, www.arabnews.com/node/268027  (6.2.2013); Misyar Marriage, www.answering-islam.org/Index/M/misyar.html  (6.2.2013).

22 „Temporary marriage“ on the rise in post-revolutionary Tunisia, www.france24.com/en/20120131-urfi-marriage-trend-seen-among-tunisian-university-students  (6.2.2013); The perils of young Egyptians’ secret marriages, http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/8466188.stm  (6.2.2013).