Neuapostolische Kirche

Die NAK hält sich selber in Bewegung

(Letzter Bericht: 7/2007, 264ff) Zwei Presse-Mitteilungen haben in den letzten Wochen für Irritationen gesorgt. Nachdem schon im vergangenen Jahr eine neuapostolische Kirchengemeinde in eine örtliche Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) der bayerischen Landeskirche aufgenommen worden war, geschah dies im Oktober auch in einer weiteren bayerischen Region, der ACK Aschaffenburg. Die ökumenischen Bestrebungen der NAK sind unübersehbar und können den Eindruck erwecken, dass der Schritt von der Sondergemeinschaft zur Freikirche unmittelbar bevorstehe. Nachdem im Januar 2006 der Stammapostel Leber in seiner Ulster-Erklärung die Taufe in einer anderen christlichen Kirche gänzlich anerkannt hat, wurde der Weg in die Ökumene erleichtert. Trinitarisch vollzogene Taufen anderer Kirchen werden heute ohne Bestätigung durch einen Apostel anerkannt. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass die meisten Landeskirchen und die EKD zunächst die Klärung einiger zentraler theologischer Differenzen erwarten (Apostelamt, Versiegelung, Naherwartung), bevor hier ein weiterer gemeinsamer Weg möglich wird.

Für Aufregung sorgte die Meldung, dass die neuapostolische Gebietskirche Berlin-Brandenburg im Spätsommer zwei ihrer Gotteshäuser an muslimische Kulturvereine verkauft hat. Bereits im April war der Presse zu entnehmen, dass hier wegen Mitgliederrückgangs neun Gemeinderäume zum Verkauf stünden. Prompt verbreiteten halbinformierte Journalisten, dass immer mehr Kirchen und Freikirchen in Moscheen umgewandelt würden. Während die katholische und die evangelische Kirche sofort erklärten, warum dies prinzipiell unmöglich ist, erläuterte die Neuapostolische Kirche Berlin-Brandenburg erst Mitte Oktober in einer Presseerklärung ihre Gründe. Dabei hoben sie auf die Unterschiede zwischen repräsentativen christlichen Sakralgebäuden und den eher funktionalen Gemeindesälen ab. Natürlich ist die zivilreligiöse Wahrnehmung einer mittelalterlichen Kirche auf dem Marktplatz eine andere als die eines schlichten Zweckbaus einer christlichen Sondergemeinschaft. Als doch etwas zu gutgläubig erscheint die Rechtfertigung des Verkaufs mit dem Verweis darauf, dass es sich um muslimische „Kulturvereine“ handelt, sind doch im muslimischen Glauben Religion, Kultur und Politik aufs Engste miteinander verwoben. Kritiker wiesen zudem darauf hin, dass in der früheren Auflage des neuapostolischen Katechismusbüchleins „Fragen und Antworten“ aus dem Jahr 1981 der Islam als „eine scharfe Zuchtrute für die lau gewordenen christlichen Völker Asiens und Europas“ charakterisiert wurde, der seine Lehre mit Feuer und Schwert verbreitet und das Christentum aus Asien verdrängt habe. Diese Passage ist zwar in der aktuellen Fassung von 1992 verschwunden, dürfte aber in den Köpfen vieler Mitglieder noch präsent sein. Auf die grundsätzlich überarbeitete Fassung der Glaubensgrundlagen, die für 2008 angekündigt ist, darf man sehr gespannt sein – und auf den wohl noch mühevollen und schwierigen Weg in die Ökumene.


Michael Utsch