Michael Utsch

Die Satsang-Szene boomt

Kritische Anmerkungen

Vorträge über östliche Weisheitslehren finden seit einigen Jahren auch in Deutschland vermehrt statt. Mehr noch als Wissensvermittlung bildet persönliche Lebensberatung einen festen Bestandteil dieser Veranstaltungen.

Nach einer Weile des Schweigens mit oder ohne (Live-)Musik folgt bei Satsang-Abenden eine in der Regel kurze Ansprache des Meisters oder der Meisterin.1 Frage-Antwort-Runden, bei denen die Fragen entweder auf der Bühne oder aus dem Auditorium gestellt werden können, nehmen dann den größten Raum ein. Neben Fragen zum spirituellen Weg werden oft Ratschläge für Liebesbeziehungen oder das Berufsleben erbeten. Ohne Details zu erfragen oder therapeutisch vorzugehen, versucht der spirituelle Lehrer, bei dem Fragenden die Identifikation mit dem erfahrenen Leid zu durchbrechen. Häufig wird zurückgefragt, wer es denn genau sei, der das Leid erfahre. In der Gegenwart eines erleuchteten Meisters soll das (göttliche) Selbst erwachen und das alte Ego mit seinen Bedürfnissen verschwinden, so kann man eine weit verbreitete Haltung der Satsang-Szene zusammenfassen. Als Markenzeichen und Merkmal zur Unterscheidung von anderen neureligiösen Strömungen ist dabei das Versprechen anzusehen, „das Heil schon im Diesseits finden zu können“2.

Das Wort „Satsang“ stammt aus dem Sanskrit (sat = Wahrheit, sangha = Versammlung) und bezeichnet das Zusammensein mit einem Guru als verkörperter Wahrheit. Die Satsang-Bewegung als westlich-therapeutische Variante der hinduistischen Advaita-Philosophie („Nicht-Zweiheit“) hat sich auf dem Markt alternativer Lebenshilfe fest etabliert. Im Zentrum der Bewegung steht die individuelle Suche nach „Erleuchtung“. Dieser angeblich anhaltende Bewusstseinszustand soll durch spirituelle Lehrer übermittelt werden können.3

Als Beleg für den Boom und die Ausbreitung dieser Form von Lebenshilfe kann auf das Internetportal „Jetzt-tv.net“ hingewiesen werden. Es ist seit November 2006 online und hat mittlerweile über 2000 Videomitschnitte und zum Teil auch Live-Satsangs veröffentlicht. Manche Satsang-Anbieter bieten zudem persönliche Beratung per Skype an. Interessenten können sich von zu Hause aus zum Satsang zuschalten, um dem spirituellen Lehrer live eine Frage zu stellen. 

In Berlin haben Ludmilla Rudat und Roland Heine, die in der Schöneberger Akazienstraße einen „Raum für Transzendenz und Selbsterforschung“ betreiben, vor Kurzem ein „Netzwerk Erleuchtung“ mit dem Ziel gegründet, das Thema „vom hohen Sockel herunter zu holen und es als natürlichen Zustand und Grundrecht eines jeden Menschen in den Alltag zu überführen – Erleuchtung ist für alle da“.4 Nach einem erfolgreichen Erleuchtungskongress im Jahr 2015 wird nun vom 27. April bis zum 5. Mai 2016 zu einem weiteren Online-Kongress mit bekannten Satsang-Lehrern wie Samarpan, Om C. Parkin und Pyar eingeladen.5 Ebenfalls im Sommer 2015 hatte in Berlin ein „Forum Erleuchtung“ zu „Friedensgesprächen“ eingeladen. Über 40 spirituelle Lehrer gaben Weisheiten über persönlichen, zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Frieden weiter – darunter auch die Leiter der Schweizer „Kirschblütengemeinschaft“, Samuel und Danièle Widmer.6

Spirituelle Weisheit ist zunehmend auch virtuell verfügbar. Fast 10 000 Teilnehmer nahmen nach Veranstalterangaben an dem Online-Kongress „Erwache“ teil. Thomas und Katharina Nestelberger hatten dazu 32 spirituelle Lehrer für Skype-Interview-Beiträge gewinnen können; die Teilnehmer konnten die Lehrer auch direkt befragen. Nach Ende des Kongresses können nun 25 Stunden Videomaterial für 90 Euro heruntergeladen werden, und ein Folgekongress ist in Planung.7

Von spirituellen Suchern, die bei verschiedenen Lehrern hineinschnuppern, sind feste Anhänger zu unterscheiden, die in regelmäßigen Gruppentreffen die Lehren ihres Meisters erlernen und anwenden wollen. Häufig schart sich um einen spirituellen Meister ein innerer Kreis langjähriger Schüler, dessen Mitglieder ihren Lehrer bei der Weiterbildung und Seminarorganisation unterstützen.

Der Psychologe Cederic Parkin („Om“) zählt zu den bekanntesten Lehrern der Nondualität in Deutschland.8 Die spirituelle Gemeinschaft („Große Sangha“) um Parkin zählt mehrere hundert Mitglieder. In Deutschland, der Schweiz und Frankreich treffen sich etwa 20 regionale Gruppen („Sanghas“), um sich gegenseitig auf dem inneren Weg zu unterstützen.

Der Psychologe Christian Meyer leitet in Berlin ein spirituelles Zentrum und ist als Satsang-Lehrer aktiv.9 In seinem Buch „7 Schritte zum Aufwachen“ hat er ein Programm vorgelegt, durch dessen Anwendung seinen Schülern „Erleuchtung“ in diesem Leben in Aussicht gestellt wird. Dazu treffen sich an über 20 Orten in Deutschland sogenannte Bewusstheitsgruppen, in denen die Lehre dieses Psychologen in Übungen zu zweit auf die eigene Person angewendet wird.

Gefahren der Lehrer-Schüler-Beziehung

Je verbindlicher und geschlossener eine Gruppe ist, desto größer sind die Gefahren der Vereinnahmung und Kontrolle – zumal wenn der Schüler davon überzeugt ist, im Satsang mit der Wahrheit zusammenzusein. Die Ärztin und Satsang-Lehrerin Pyar Rauch warnt: „Ein Pseudo-Meister ist eine große Versuchung für Sucher. Er braucht sie, um sich in der Sonne der Anbetung vieler Schüler zu sonnen, um Macht zu erleben, um reich zu werden oder seine Sexualität zu leben.“10 In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik an den vollmundigen Erleuchtungsversprechen. Der ZEIT-Journalist Christian Schüle hat die spirituellen Lehrer Eckhart Tolle, Paul Lowe und Thomas Hübl porträtiert und schon vor Jahren vor einem regelrechten „Satsang-Tourismus“ gewarnt.11

Als Autorität innerhalb dieses Milieus werden diejenigen Lehrer angesehen, die selber „erwacht“ sind und ihren Schülern die Erfahrung des Absoluten durch ihre Präsenz vermitteln können. Allerdings ist religiöses Charisma schwer zu bemessen – wodurch soll man echte von vorgetäuschter Erleuchtung unterscheiden können? Kritiker sprechen hier von einer „eingebildeten“ Erleuchtung – wenn nach dem Erwachen das Ich (wider Erwarten) zurückkommt.12

Als ein abschreckendes Beispiel kann auf Andrew Cohen, den langjährigen „Star“ der amerikanischen spirituellen Szene, verwiesen werden. Mit dem Konzept „Evolutionäre Erleuchtung“ inklusive eigener Zeitschrift hat er offensichtlich die Sehnsucht vieler Sinnsucher nach Erleuchtung, verbunden mit Wunschvorstellungen über die Rettung der Menschheit, getroffen und bedient. Im Sommer 2013 hat er aufgrund von vehementer Kritik an seinem autoritären Führungsverhalten und an missbräuchlichem Umgang mit Schülern nach Jahrzehnten erfolgreicher Projekte öffentlich seinen Rückzug erklärt und sich für Fehler entschuldigt. Der spirituelle Meister eines weltweiten Netzwerkes gab freimütig zu, die ganze Zeit über nicht erkannt zu haben, dass er selbst, ungeachtet der Tiefe seines Erwachens, von einem unverändert starken Ego angetrieben worden sei, obwohl engste Mitarbeiter ihn seit Langem vergebens auf den Widerspruch zwischen seiner Lehre und der eigenen Praxis hingewiesen hätten. Mit seinem Rückzug zog er die notwendige Konsequenz daraus. Hinter einer „Aura der Grandiosität ist nunmehr ein ernüchterndes Stück Realität erkennbar geworden“13, resümiert der Satsang-Kritiker Ulrich Nitzschke. Er fragt weiter: „Hat sich Cohens Fan-Gemeinde und darüber hinaus die ‚spirituelle Szene‘ in den USA insgesamt – einschließlich Ken Wilber – nahezu drei Jahrzehnte lang von einem „Pseudo-Meister“ irreleiten lassen? Wollten viele partout nicht sehen, dass hier möglicherweise ein selbst ernannter ‚Guru‘ das Recht für sich beanspruchte, seinen Schülern mit rüden Methoden ihr „widerspenstiges“ Ego auszutreiben, während er selbst ein eigenes narzisstisches Ego verdrängte? Weshalb haben seine engen Mitarbeiter ihn so lange gewähren lassen, obwohl die Folgen für die Psyche der Schüler seit über 20 Jahren hinreichend bekannt gewesen waren?“14 Ob man Andrew Cohen als einen spektakulären Einzelfall bezeichnen kann, kann mit Nitzschke bezweifelt werden: „Wie viele ‚Pseudo-Meister‘ mögen wohl – sei es in den USA, Europa, Indien oder sonst wo – weiterhin unerkannt ihre Lehren verbreiten? Und wie viele von ihnen gefährden durch fehlgeleitete Praxis ihre Schüler?“15

Ein bekannter Satsang-Lehrer mit großer Anhängerschaft ist John de Ruiter (Jg. 1959). Der Kanadier, der früher als Schuster und freikirchlicher Pastor tätig war, eröffnete vor zehn Jahren sein „College of Integrated Philosophy”. In diesem 7-Millionen-Dollar-Gebäudekomplex unterrichtet er nun eine wachsende Schülerschaft. Auch in Deutschland macht er Werbung, Ende letzten Jahres etwa in den Räumen von Yoga Vidya in Horn-Bad-Meinberg. De Ruiter ist bekannt dafür, auf der Bühne zu sitzen, seine Anhänger anzustarren und stundenlang nichts zu sagen. Kritiker bezeichnen den spirituellen Lehrer als „Ron Hubbard des Starrens“.16 Wenn er einmal spricht, können minutenlange Pausen einen Satz unterbrechen. Wenn ihm Fragen gestellt werden, antwortet die „lebende Verkörperung der Wahrheit“, wie er sich nennt, oft mit Schweigen.

Der Soziologe Paul Joosse hat das besondere Charisma dieses Lehrers untersucht.17 In seiner Studie kam er zu dem Ergebnis, dass der Erfolg de Ruiters von drei Faktoren abhängt: Erstens ermögliche sein Schweigen es seinen Anhängern, eine individuelle Bedeutung in die Stille hineinzuinterpretieren. Zweitens benutze er das Schweigen auch, um zu bestrafen oder um Menschen, die abweichende Meinungen haben, zu entmutigen. Die dritte Funktion von de Ruiters Schweigen bestehe darin, dass es scheinbar die Vertrautheit zwischen den Beteiligten erhöhe, vor allem, wenn de Ruiter sein Schweigen mit intensivem Starren kombiniere. Das Verhalten, sich lange tief in die Augen zu sehen, sei normalerweise bei Verliebten zu beobachten. De Ruiter verhalte sich so wie Menschen in einer engen persönlichen Beziehung. Viele verwechselten daher dieses Verhalten mit tatsächlicher Intimität. Angehörige einer ehemaligen Anhängerin de Ruiters, die vor zwei Jahren unter mysteriösen Umständen ums Leben kam, werden oft gefragt, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von John de Ruiter und dem Tod dieser jungen Deutschen gibt.18

Redegewandtheit und persönliche Ausstrahlung eines Lehrers tragen zur Bewunderung und Verehrung durch Schüler bei. Die Bindung kann „von Projektionen persönlicher Erlösungsvorstellungen bis zur völligen Unterwerfung reichen“19. Darauf sind schon manche Schüler hereingefallen. Zum Glück gibt es auch kritische Stimmen innerhalb der Satsang-Szene selbst, die diese Gefahren reflektieren, etwa die Münchener Ärztin Pyar Rauch: „Die Auswirkungen sind enorm, denn durch den Missbrauch hat ein Mensch nicht nur Geld, Zeit, Selbstwert usw. verloren, er ist nicht nur in seiner Würde verletzt worden, sondern zudem in seinem spirituellen Vertrauen … Der Missbrauch muss noch nicht einmal in klarer, bewusster Absicht geschehen, sondern passiert oft in der Unbewusstheit, die mit dem spirituellen Ego eines Pseudo-Meisters einhergeht.“20

Die junge Satsang-Lehrerin Rania Lucia schreibt auf ihrer Facebook-Seite: „In diesem Jahr sind wirklich viele Menschen auf mich zugekommen, die in Abhängigkeiten von spirituellen Gruppen und Lehrern geraten sind. Aktuell begleite ich mehrere Menschen, die den tiefen Wunsch haben, frei zu sein, die sich aber in Sekten oder sektenähnlichen Strukturen befinden. Gekennzeichnet sind diese leidvollen Bindungen durch eine große Angst auszusteigen, durch ein tiefes Gefühl von Selbstzweifel, Ohnmacht … und Angst. Großer Angst vor Demütigung und Strafe durch den Guru … Es wird ihnen auch sehr schwer gemacht, die Gruppe zu verlassen durch Verträge, Druck, psychische Gewalt und Machtausübung … Ein beliebtes Druckmittel in Sekten ist es, von den Schülern absoluten Gehorsam zu fordern und das mit einem spirituellen Überbau zu begründen, dass es ja darum geht, das Ego los zu werden, sich vollkommen hinzugeben … und sich nicht über den Lehrer (und somit über den Vater als Ursprungsthema) zu stellen. Dabei wird meist verwechselt, was Hingabe bedeutet. Es bedeutet nicht völlige Selbstaufgabe bis zum bedingungslosen Gehorsam, bis zur Unterwürfigkeit, eigene Gedanken und Gefühle auszuschalten. Im Gegenteil: die wahre Hingabe bezieht sich immer nur auf die Wahrhaftigkeit, Hingabe an die Wahrheit, die Liebe und die Freiheit, die aber nichts mit Demontierung des eigenen Seins zu tun hat!“21

Es ist beruhigend, dass manche Satsang-Lehrer ihren gesunden Menschenverstand und eine kritische Selbstprüfung behalten haben – leider gilt das bei Weitem nicht für alle. Auch die im vorliegendem Aufsatz zu Wort kommenden Kritiker Pyar, Lucia und Nitzschke bemängeln zwar manche Fehlentwicklungen, sind aber gleichzeitig selbst Anbieter in dieser Szene.

Macken und Irrtümer von „Erleuchteten“

Ausgelöst durch den plötzlichen Tod seiner Schwester begab sich ein Rhetorik-Trainer auf eine spirituelle Suche, bei der er auch zehn Satsang-Lehrer konsultierte. In seinem Internet-Blog kritisiert nun Matthias Pöhm die „Macken und Irrtümer der Erleuchteten“.22 Nach seiner Erfahrung gebe es keinen Erleuchteten, der sich nicht mindestens in einer Sache irre. Detailliert werden Irrtümer und Ungereimtheiten von über 20 selbsternannten „Erleuchteten“ dargestellt. Beispielsweise habe Om C. Parkin entgegen seiner Lehre noch eigene Wünsche und Sehnsüchte, weil er zu den ganz wenigen zähle, die nach ihrem Erwachen noch ein Kind in die Welt gesetzt haben. Darüber hinaus kümmere es ihn, was andere von ihm denken. Wenn es jedoch laut Advaita-Lehre kein „Ich“ mehr gebe, wieso kümmere ihn dann die Meinung anderer über ihn? Entgegen der spirituellen Satsang-Tradition gründe er Gruppen und residiere in der herrschaftlichen Villa „Gut Saunstorf“, die er für seine Organisation erworben habe.

Weiterhin bemängelt Pöhm an „Erleuchteten“, dass sie spirituelle Dogmen und Glaubenssätze hätten, die sie einfach „nachplappern“. Dem Dogma „Jede Angst lässt sich auf die Todesangst zurückführen“ hält er etwa entgegen, dass Menschen mit einer Nahtoderfahrung keine Angst mehr vor dem Tod hätten, aber alle anderen Ängste noch vorhanden seien. Auch die Behauptung „Meine Lehre ist die Nicht-Lehre“ sei nichts anderes als ein Etikett: „Dieselben Lehrer haben dann aber mindestens 5 Bücher geschrieben und halten 50 Satsangs im Jahr – voll mit Lehren.“23

Der Satsang-Kritiker Nitzschke weist auf die nicht eingetroffenen Prophezeiungen der „Oneness-Deeksha“-Bewegung hin.24 Die Heilslehre „Oneness-Deeksha“ geht auf den indischen Guru Sri Amma Bhagavan zurück, der sich und seine Ehefrau als vollständig erleuchtete Menschen ansieht. Seinen Anhängern verspricht er ebenfalls den Erleuchtungszustand („Oneness“) durch einfaches Handauflegen, „Deeksha“ genannt. Auch an verschiedenen Orten in Deutschland werden Oneness-Veranstaltungen angeboten, wo „Oneness-Trainer“ und „Deeksha-Geber“ bereitstehen, um Teilnehmer in diesen Zustand zu überführen.25 Sri Amma Bhagavan hatte ein „Goldenes Zeitalter der Oneness“ angekündigt. Durch die Weitergabe des Deeksha-Segens sollte die Menschheit auf eine höhere Bewusstseinsstufe gelangen. Dazu müssten bis zum Jahr 2012 lediglich 0,001 Prozent der Weltbevölkerung (oder 64 000 Personen) durch „Deeksha“ erleuchtet werden. Das kollektive Welt-Bewusstsein werde allein dadurch so stark beeinflusst, dass immer mehr Menschen von ganz alleine zu „Erleuchteten“ würden. Skeptisch fragt Nitzschke nach: „Wo in aller Welt mögen die heute fast zwei Millionen „Erwachten“ leben? … Und was ist mit mir? Warum gehöre ich nicht dazu? Was habe ich falsch gemacht?“26

Einschätzung

Die Satsang-Bewegung stillt verbreitete Sehnsüchte spiritueller Sucher nach einem höheren, erleuchteten Bewusstseinszustand. Satsang-Lehrer können dabei nicht vermeiden, dass manche Anhänger vor dem gewöhnlichen Leben in einen emotional aufgeladenen und utopisch überhöhten Glückszustand zu fliehen versuchen. Problematisch kann sich das Lehrer-Schüler-Verhältnis auswirken. Auf den Lehrer können hohe Erwartungen projiziert werden. Nicht alle Lehrer sind in der Lage, mit diesen überhöhten Erwartungen ihrer Schüler umzugehen. Da sich der Lehrer in einem besonderen Zustand der Erkenntnis wähnt, besteht die Gefahr einer mangelnden kritischen Distanz gegenüber den eigenen Ansichten und Verhaltensweisen. Aus christlicher Sicht besteht zwischen Gott und Menschen keine Einheit. Gott tritt mit dem Menschen in eine Beziehung, bleibt aber immer ein Gegenüber. Nach christlichem Verständnis kann es in diesem Leben keine ungebrochene Beziehung zu Gott, den Mitmenschen, sich selbst und der Schöpfung geben. Eine endgültig heile Existenz erwartet den Menschen in Gottes Zukunft.


Michael Utsch


Anmerkungen

  1. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden im Folgenden nicht beide Geschlechtsformen genannt, obwohl selbstverständlich Frauen und Männer gleichermaßen gemeint sind.
  2. Levin Sottru, Advaita-/Satsang-Bewegung, in: Michael Klöcker/Udo Tworuschka, Handbuch der Religionen, 35. Ergänzungslieferung, VIII-27, München 2013, 10.
  3. Vgl. Claudia Knepper, Satsang-Bewegung, in: MD 10/2010, 389-392.
  4. http://netzwerk-erleuchtung.blogspot.de  (Abruf der in diesem Beitrag angegebenen Internetseiten, sofern nicht anders angegeben: 6.4.2016).
  5. www.erleuchtungskongress.de.
  6. www.jetzt-tv.net/index.php?id=forumerleuchtung.
  7. www.erwache.com
  8. Vgl. Michael Utsch, Satsang-Lehrer wieder in die Kirche eingetreten, in: MD 1/2014, 27f.
  9. www.zeitundraum.org..
  10. Pyar Troll-Rauch, Satsang. Die spirituelle Suche nach Wahrheit und Erkenntnis, München 2006, 177.
  11. Christian Schüle, Schrei nach Stille, in: Die Zeit 27/2004.
  12. Mariana Caplan, Brauchst du einen Guru? Fluch und Segen einer spirituellen Schüler/Lehrer-Beziehung, Saunstorf 2013.
  13. Ulrich Nitzschke, Revolution im Spiri-Land. Die Erleuchtung wird entzaubert, Bielefeld 2014, 53.
  14. Ebd., 120.
  15. Ebd., 54.
  16. Harmon Leon, The Canadian Man Who Commands a Cult with His Gaze, Vice, 25.02.2015. Dieser und viele andere kritische Berichte über John de Ruiter unter http://infos136.wix.com/johnderuiter.
  17. Paul Joosse, Silence, Charisma and Power: The Case of John de Ruiter, in: Journal of Contemporary Religion 21 (2006), 355-371.
  18. Vgl. „Das tragische Ende einer Suche nach Erleuchtung“ (anonymer Erfahrungsbericht) sowie den psychologischen Kommentar von Uta Bange zu den Gefahren einer spirituellen Suche in der Satsang- Bewegung, www.sekten-info-nrw.de , Rubrik „Aktuelle Artikel“ (Abruf: 14.4.2016).
  19. Sottru, Advaita-/Satsang-Bewegung (s. Fußnote 2), 6.
  20. Pyar Troll, Satsang (s. Fußnote 10), 176.
  21. www.facebook.com/RaniaLucia8/?ref=nf .
  22. www.spiritueller-blog.com/die-macken-und-irrtuemer-der-erleuchteten .
  23. Ebd.
  24. Vgl. Jürgen Schnare, Das Wunder der Erleuchtung, in: MD 1/2009, 22ff.
  25. www.onenessteam.de. Anfang dieses Jahres wurde in der 2002 gegründeten Oneness-Universität in Südindien das Shambala-Meditations-Zentrum als spiritueller Rückzugsort innerhalb der Universität eröffnet. „Shambala“ umfasst insgesamt elf Orte, die sich über ein Gebiet von ca. vier Quadratkilometern erstrecken. Jeder Campus wird von einer eigenen Atmosphäre geprägt. Ein Aufenthalt im Shambala-Zentrum stellt ein schnelles spirituelles Wachstum in Aussicht. Zehn Lehrer der Oneness-Universität unterrichten die Gruppen, auch deutschsprachige Gruppen werden angeboten. Seit Anfang des Jahres gibt die Oneness-Universität Indien einen eigenen Newsletter für Deutschland heraus, der auf der Homepage abgerufen werden kann.
  26. Nitzschke, Revolution im Spiri-Land (s. Fußnote 13), 79.