Christine Schirrmacher

Die Scharia. Recht und Gesetz im Islam

Christine Schirrmacher, Die Scharia. Recht und Gesetz im Islam, Hänssler Verlag, Holgerlingen 2007, 96 Seiten, 6,95 Euro.


Das Taschenbuch „Die Scharia. Recht und Gesetz im Islam“ ist Teil der Serie „kurz und bündig“ des Hänssler-Verlags. Weitere Bücher in dieser Reihe behandeln z. B. den Buddhismus oder die Chancen und Gefahren einer multikulturellen Gesellschaft. Ziel bzw. Anspruch der Serie ist es, dem „Normalbürger“ einen „kurzen und verständlichen Überblick“ über ein bestimmtes Thema zu verschaffen. Die Autorin dieses Bandes ist Christine Schirrmacher, wissenschaftliche Leiterin des „Instituts für Islamfragen“ der deutschen Evangelischen Allianz und Professorin für Islamkunde an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Leuven (Belgien).

Auf 60 Seiten erklärt die Autorin die Scharia kurz und prägnant. Das Buch ist in vier Kapitel aufgeteilt, beginnend mit der Frage, was die Scharia eigentlich ist bzw. was sie nicht ist, über den Inhalt der Scharia bis zur Frage nach ihrer Bedeutung in Deutschland. Ein eigenes Kapitel ist systematisch aufgeführten Lektürehinweisen vorbehalten. Behandelt werden u. a. auch Problematiken, die die Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren bewegt haben, so v. a. die rechtliche Benachteiligung der Frau, die Todesstrafe für Apostasie, der Umgang mit „Grenzvergehen“ (z. B. Ehebruch), „Ehrenmorde“, Körperstrafen oder die Blutrache.

Es wird deutlich, dass man von „der Scharia“ nicht reden kann wie von einem abgeschlossenen Kodex, wie ihn die westliche Rechtstradition kennt, sondern dass sie ein komplexes Gebilde aus Regeln des Korans, der Überlieferung und einiger Jahrhunderte unterschiedlicher Rechtsschulen ist. Sie ist von unten gewachsen, nicht von den oberen Gesellschaftsschichten entwickelt worden. Vor allem ist sie ein Ideal, kein realiter existierendes Gesetz, was auch daran zu sehen ist, dass sie in unterschiedlichen muslimisch geprägten Ländern unterschiedlich angewandt wird.

Die Autorin erklärt, was ein Grenzvergehen bzw. ein „Verbrechen mit Wiedervergeltung“ laut Scharia ist. Es mag den westlichen Leser erstaunen, dass z. B. Ehebruch und die Verleumdung wegen Ehebruchs und Unzucht als Verbrechen gegen Gott (als Grenzvergehen) gelten und somit schwerer wiegen als z. B. Mord oder Totschlag, die „nur“ Verbrechen gegen die Menschen sind und bei denen Maßnahmen der Wiedervergeltung (oft in Form einer Zahlung von Blutgeld) getroffen werden können. Die Scharia stellt sehr hohe Anforderungen an die Beweisführung bei Grenzvergehen. Allerdings wird dem Richterspruch oft dadurch „vorgegriffen“, dass die Familien selbst eine Strafe bestimmen und anwenden – was in der muslimischen Gesellschaft häufig akzeptiert wird.

Insgesamt erhält der Leser einen sachlich fundierten Einblick in die Grundlagen der Scharia und auch in die gesellschaftlichen bzw. moralischen Vorstellungen, die hinter ihr stehen. Es wird schon etwas länger als die veranschlagten zwei Stunden dauern, das Büchlein durchzulesen; man ist aber auch als „Normalbürger“ danach gut informiert. Wer dann tiefer in die Problematik eintauchen möchte, kann sich an den thematisch gegliederten Buchempfehlungen orientieren. Dieser „kurze Überblick“ über die Scharia ist ein gut lesbarer, hilfreicher Einstieg in eine brisante Thematik, die aller Voraussicht nach auch in den nächsten Jahren nicht weniger heftig diskutiert werden wird.


Friederike Haller, Berlin