Sondergemeinschaften / Sekten

Drei Mitglieder der „Colonia Dignidad“ in Chile verurteilt

(Letzter Bericht: 7/2016, 269f). Ein Gericht in Chile hat im Dezember 2016 drei deutsche Mitglieder der „Colonia Dignidad“ zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt. Ihnen wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Angeklagt waren weit mehr, doch einige konnten sich dem Prozess entziehen. Vier weitere Mitglieder wurden freigesprochen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die „Colonia Dignidad“ eng mit dem Geheimdienst unter Diktator Augusto Pinochet zusammenarbeitete. Die Führungsriege der Siedlung und Geheimdienstagenten bildeten eine kriminelle Vereinigung, die systematisch Verbrechen beging. Die Anfang der 1960er Jahre von Paul Schäfer (1921 – 2010) gegründete Kolonie diente während der Militärdiktatur im Zeitraum von 1973 bis 1990 als Folterzentrum des Geheimdienstes.

Zwei der Verurteilten sitzen bereits wegen Beihilfe zur Vergewaltigung Minderjähriger in einem chilenischen Gefängnis. Im Jahr 2006 waren ursprünglich 18 Personen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt worden. Nach Angaben des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile in Berlin waren darunter 14 Bewohner der „Colonia Dignidad“. Sechs Angeklagte starben im Laufe der Verhandlungen, drei entzogen sich dem Prozess durch Flucht nach Deutschland, darunter auch der „Sektenarzt“ Hartmut Hopp. Er war in Chile bereits wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Derzeit prüft das Landgericht Krefeld, ob das Urteil in Deutschland vollstreckt werden kann.


Michael Utsch