Eindrücke von der „Gemeinde im Licht“, Berlin

Etwa seit dem Jahr 2000 ist in Deutschland eine Gemeinschaft präsent, die Irritationen und Konflikte hervorruft. In Korea ist sie bereits seit längerem unter dem Namen „Shinchonji“ bekannt und wird als sektiererische Gemeinschaft eingestuft. In Berlin nennt sie sich „Gemeinde im Licht“. Die Mitgliederzahlen der Shinchonji steigen weltweit.

Vor zwei Jahren wurde ich gemeinsam mit anderen Mitgliedern meiner Gemeinde, der Chinesisch Christlichen Gemeinde Berlin (CCGB), von einem ehemaligen Mitglied, die jetzt der „Gemeinde im Licht“ angehört, zu einem „Wortseminar“ bei Shinchonji eingeladen. Schon als wir ankamen, hatte ich ein unbehagliches Gefühl. Die Leute dort waren zwar nett und höflich, was mir aber auffiel, war ein insgesamt aufgesetzt wirkendes Verhalten. Auch andere Mitglieder meiner Gemeinde, die zu der Veranstaltung mitgegangen waren, empfanden es so. Ich traf dort eine andere mir bekannte Christin. Auch sie wirkte auf mich verändert und merkwürdig. Ihr Verhalten machte einen inszenierten und gestellten Eindruck. Später erfuhr ich von ihrer Schwester, dass sie kaum noch Kontakt miteinander pflegen. Sie beschrieb ihre Schwester als „distanziert“.

Zum „Wortseminar“ kann ich so viel sagen: Der vortragende Pastor, der gebrochen, aber verständlich Deutsch sprach, predigte über zwei Stunden lang. Die Predigt war buchstäblich langatmig. Er hatte Matth 24,1-22 als Leitfaden gewählt und verwendete zusätzlich mehr als 20 Bibelzitate. Es war eine verwirrende Predigt. Es ging um das Ende der Welt und die „Zeichen der Zeit“. Als Christen glauben wir ja an die Wiederkunft Jesu Christi, aber wie diese Wiederkunft aussehen wird, wissen wir nicht. Der Pastor allerdings betonte mehrmals, dass wir die Wiederkunft Jesu Christi erkennen und verstehen müssten, da diese Prophezeiung schon jetzt und hier auf der Welt offenbar sei. Er wies darauf hin, dass wir an einem von der Gemeinde angebotenen neunmonatigen Bibelseminar teilnehmen sollten, damit wir unser Wissen über die offenbarten Prophezeiungen vertiefen könnten.

Vor der Predigt war uns gesagt worden, dass wir uns im Anschluss mit unseren Fragen an Mitarbeiter der Gemeinde wenden könnten. Andere Gäste und ich wurden dann auch von netten und aufdringlichen Mitarbeiterinnen angesprochen. Uns wurden permanent Fragen gestellt wie beispielsweise: „Wer bist du?“ „Woher kommst du?“ „Hast du Interesse, unseren neunmonatigen Bibelkurs zu absolvieren?“ Und dann wurden wir aufgefordert: „Du brauchst nur hier deine persönlichen Daten anzugeben und wir kontaktieren dich.“ Ich habe jede Frage höflich beantwortet und der Mitarbeiterin deutlich gesagt, dass ich einen sehr knappen Zeitplan habe und bereits in einer Bibelgruppe unserer Gemeinde sei. Sie gab nicht nach und wollte mich davon überzeugen, meine Kontaktdaten preiszugeben und das Seminar zu besuchen. Danach habe ich ihr klargemacht, dass ich Verpflichtungen in unserer Gemeinde habe und wirklich keine Zeit für weitere Bibelkurse investieren könne. Als ich ihr meinerseits Fragen im Blick auf die Gemeinde und deren Lehre stellte, bekam ich nur vage und ausweichende Antworten. Sie gab mir zu verstehen, dass ich nur durch ihre Bibelkurse und den Besuch ihrer Gemeindeveranstaltungen mehr erfahren könne. Wenn sie es mir jetzt in der kurzen Zeit erklären würde, könnte ich es nicht begreifen. Da sie auf meine Fragen nicht direkt antworten wollte und ich wiederum nicht bereit war, meine persönlichen Daten zu hinterlassen, verabschiedete sie sich höflich und ging zu den anderen Gästen des „Wortseminars“. Ich wurde danach von zwei weiteren Mitarbeiterinnen angesprochen. Der gerade beschriebene Dialog wiederholte sich auf ähnliche Weise. Am Ende der ganzen Prozedur wurde mir klar, dass etwas nicht stimmte.

Das „Berliner Missionswerk“ berichtet, dass der Gründer von „Shinchonji“, Lee Man-Hee, davon überzeugt sei, er wäre der in der Bibel „verheißene Pastor“, ein ausgewählter Bote der Endzeit. Außerdem wird davon berichtet, dass die Gemeinde ihre Mitglieder mit ihren zeitaufwändigen Bibelseminaren fest an sich binde. Auch in der Freizeit treffen sich die Mitglieder so häufig, dass sie keine Zeit mehr für Freunde und Familie hätten. So werde ein Austausch mit Menschen außerhalb der Gemeinde erfolgreich verhindert. Absolute Loyalität und Hingabe gegenüber „Shinchonji“ seien das Lebensmotto der Gemeindeglieder.

Wir haben diese zeitliche Vereinnahmung bei einem früheren Mitglied unserer Gemeinde, die jetzt bei Shinchonji ist, selbst erlebt. Jedes Mal, wenn wir uns mit ihr verabreden wollten, hatte sie keine Zeit für uns, da sie die Bibelseminare oder ihre neu gewonnenen Geschwister uns vorzog. Weitere Treffen wären nur noch möglich gewesen, wenn wir ihre neue Gemeinde besucht hätten. Sie distanzierte sich immer mehr von uns. Wir beschwerten uns bei ihr, dass wir sie schon lange nicht mehr gesehen hätten. Sie erwiderte oftmals sinngemäß: Ihr könnt mich ja sehen, wenn ihr nur zu den Bibelseminaren oder zur Gemeinde kommen würdet. Der Versuch, den Kontakt aufrechtzuerhalten, war aussichtslos.

Shinchonji hat eine Organisation von freiwilligen Mitarbeitern gegründet, die „Mannam“ heißt. „Mannam“ ist koreanisch und bedeutet „Begegnung“. Als Ziel der Organisation wird angegeben, weltweit Menschen aller Kulturen, Sprachen und Religionen in Frieden zusammenzubringen, basierend auf der Nächstenliebe. Shinchonji operiert nun verdeckt als die Organisation „Mannam“, als nicht religiöser Wohltäter, um so Personengruppen anzusprechen und anzuwerben, die nichts von dem religiösen Hintergrund der Organisation ahnen. Auch in Berlin und Frankfurt am Main haben Mitglieder von Shinchonji als „International Peace Youth Group“ für den Weltfrieden demonstriert. In Leipzig in der Nikolaikirche haben sie sich als „Global Peace Generation“ für den Weltfrieden eingesetzt. So konnte Lee Man-Hee ohne Widerstand in Leipzig eine Rede halten. Shinchonji benutzt diese Strategie, um damit besser ihre Lehre verbreiten zu können.

Als ich zum letzten Mal mit einem früheren Gemeindeglied der Chinesisch Christlichen Gemeinde Berlin gesprochen habe, die jetzt der Shinchonji angehört, sagte sie mir: „Die Gemeinde im Licht ist besser, unterrichtet das Wort Gottes besser, und ich verstehe alles besser. Ich sehe keinen Sinn mehr darin, bei euch zu bleiben.“ Andere ehemalige Gemeindeglieder, die jetzt bei Shinchonji sind, haben sinngemäß das gleiche gesagt. Viele Menschen sehnen sich nach Spiritualität. Dieses Bedürfnis macht sich die Shinchonji zunutze, und viele lassen sich durch diese sektiererische Gemeinschaft vereinnahmen.