„Einssein“ in der NAK
(Letzter Bericht: 10/2015, 388f) Das offizielle Organ der Neuapostolischen Kirche (NAK) ist die Zeitschrift „Unsere Familie“. In der Sonderausgabe 21/2015 vom 5. November 2015 meldet sich der Stammapostel Jean-Luc Schneider im Leitartikel „Einssein“ zu Wort. Er beschreibt, wie bunt und vielfältig die NAK ist, und räumt ein, dass diese Vielfalt nicht immer einfach zu leben sei.
Am Ende des Leitartikels appelliert Schneider an die Geschwister: „Einssein bedeutet nicht, dass wir alle gleich werden müssen. Wir müssen weder unsere Persönlichkeit noch unsere Traditionen oder Kultur aufgeben. Wir sind verschieden, haben aber ein und denselben Willen. Wir folgen Christus nach. Halten wir zusammen, in Freud und Leid. Vereinen wir uns in der Anbetung Gottes, satt uns gegenseitig zu kritisieren, und bündeln wir unsere Kräfte, um dem Herrn zu dienen.“
Der appellative Impetus des Leitartikels ist zweifellos Konflikten innerhalb der NAK geschuldet, wobei unterschiedliche „Traditionen oder Kultur“ den Ausgangs- und Streitpunkt bilden. Eine mögliche Erklärung für die Unstimmigkeiten ergibt folgender Blick auf die NAK: Diese beziffert ihre Mitgliederzahl weltweit mit über acht Millionen Gläubigen (8 816 990) in 60 343 Gemeinden, wobei der Kontinent Afrika fast 80 Prozent aller Mitglieder beheimatet (Angaben auf der Internetseite der NAK: www.nak.org). Der Stammapostel Jean-Luc Schneider ist gebürtiger Franzose. Der Sitz des Stammapostels ist Zürich. Auf der Internetseite der NAK heißt es: „Die Wiege der Neuapostolischen Kirche steht in Europa.“
In einer afrikanischen Emanzipation von der europäischen Kirchenleitung und ihrer Diskursmacht liegt eine innerkirchliche Spannung begründet. Die NAK sieht sich der Herausforderung gegenüber, dass die Pluralität christlicher Identität innerhalb ihrer Kirche nicht mehr als theologische Fragestellung ausgeblendet werden kann. Eine wachsende (afrikanische) Kirche mit Stammapostel und Stammsitz in Europa wird sich verstärkt mit interkulturellen theologischen Fragestellungen auseinandersetzen müssen, um ihre Vielfalt fruchtbar zu machen. In der Sensibilisierung und Schärfung einer interkulturellen Perspektive als theologischer Ressource liegt aber auch das Potenzial für ein zukünftiges ökumenisches Miteinander.
Ronald Scholz, Altheim/Alb