Frau leitet islamisches Gebet in Frankreich
Zum ersten Mal hat eine Imamin in Frankreich das islamische Gebet geleitet und gepredigt. 70 Männer und Frauen versammelten sich Anfang September 2019 an einem aus Sicherheitsgründen geheim gehaltenen Ort in Paris. Das Freitagsgebet fand zudem ausnahmsweise am Samstag statt, da am Vortag offenbar keine Moschee zur Verfügung stand. Künftig soll einmal monatlich dazu eingeladen werden. Eva Janadin ist wie Anne-Sophie Monsinay, mit der sie zusammenarbeitet, vor gut zehn Jahren zum Islam konvertiert. Sie werden von dem Verein „Stimme des aufgeklärten Islam“ mit 200 Mitgliedern unterstützt, ihre Moschee nennen sie nach dem mythischen Vogel „Simorgh“, der im Sufismus eine Rolle spielt.
Traditionell soll das Gebet sein, aber mit geschlechtergemischter Gemeinde. Das ist das Problem für die offiziellen muslimischen Vertreter. Eine Frau darf Frauen vorstehen, nicht aber Männern. Wer daran rüttelt, begibt sich in Gefahr, Drohungen sind an der Tagesordnung. Die Imaminnen berufen sich darauf, dass weder der Prophet Muhammad noch der Koran weibliche Predigerinnen ausschloss. So sehen es inzwischen immer mehr Frauen (und Männer) in vielen Ländern. Als die erste Frau, die ein gemischtgeschlechtliches Gebet in der Öffentlichkeit leitete, wird häufig die amerikanische Islamgelehrte und Feministin Amina Wadud genannt, die mit einem Freitagsgebet im März 2005 in New York für großes Aufsehen und heftige Proteste sorgte.
In Deutschland übernehmen Frauen wie Rabeya Müller oder Halima Krausen Aufgaben eines Imams. Letztere war bis 2014 Imamin am Islamischen Zentrum in Hamburg und wohl die erste, die in Deutschland in dieser Funktion tätig war. Sind alle bisher genannten Frauen Konvertitinnen, so gilt dies nicht für Seyran Ateş, die im Juni 2017 die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin gründete, mit dabei die jemenitisch-schweizerische Politologin und Vorbeterin Elham Manea von der Offenen Moschee in der Schweiz.
Die dänische Imamin Sherin Khankan wirbt für einen langsamen Wandel. Die Tochter eines Syrers und einer Finnin ist seit 2016 Predigerin und Vorsteherin der Mariam-Moschee in Kopenhagen, der ersten von Imaminnen gegründeten und geführten Moschee Europas. Männer sind in der Moschee willkommen, das Gebet wird allerdings ohne Männer durchgeführt. „Sonst baut man keine Brücken, sondern reißt sie hinter sich ab. Die muslimischen Gemeinden sind noch nicht bereit dafür. Wir wollen zurück zu den Ursprüngen des Islam. Wir versuchen, die traditionellen Denkweisen aufzubrechen, aber wir tun das Schritt für Schritt.“
Friedmann Eißler