Freimaurer. Wissen was stimmt
Matthias Pöhlmann, Freimaurer. Wissen was stimmt, HERDER spektrum, Bd. 5964, Verlag Herder, Freiburg i. Br. 2008, 128 Seiten, 7,95 Euro.
In Zeiten weit verbreiteter Halbbildung und Halbwahrheiten ist zu „wissen, was stimmt“ offenbar ein großes Bedürfnis. Der Herder-Verlag hat hier eine Marktlücke entdeckt und bietet zu aktuellen Themen seriös aufbereitete, kompakte Informationen im Taschenbuch-Format an. Zum Thema „Freimaurer“ hat nun EZW-Referent Matthias Pöhlmann ein Büchlein zu der neuen Reihe beigesteuert, und dies hat insofern Sinn, als es offenbar gerade auf diesem Gebiet, das von einem Wildwuchs verschiedenster Verschwörungstheorien überwuchert wird, schwierig ist zu wissen, was stimmt. Pöhlmann greift denn auch die gängigen Klischees und Verdächtigungen wie „Freimaurer wollen die Weltherrschaft“ oder „Freimaurer müssen sich in einen Sarg legen“ auf, um auf ebenso ansprechende wie fundierte Weise das Wesen der Freimaurerei darzustellen. Verdienstvoll ist, dass sich Pöhlmann dabei nicht nur mit den negativen Vorurteilen befasst, sondern auch mit den positiven. Die Behauptung, „die Freimaurer waren ein Opfer des Nationalsozialismus“, kann man so nämlich nicht stehen lassen. Vielmehr versuchten viele deutsche Freimaurerlogen (wie übrigens auch zahlreiche religiöse Gemeinschaften), durch vorauseilende Anpassung das Schlimmste abzuwenden, was im Fall der Freimaurer aber nicht gelang, denn 1935 wurden die Logen verboten.
Da das Gebiet der Freimaurerei, wie gesagt, beliebter Tummelplatz von Verschwörungstheoretikern ist, muss der Autor auch noch andere Aspekte streifen und geht daher auch kurz auf die italienische Geheimloge „P 2“, die Illuminaten, die legendenumrankten Symbole auf der Ein-Dollar-Note oder die immer wieder mit den Freimaurern verwechselten Service-Clubs (Lions, Rotarier) ein. Damit bietet das Buch wertvolle Zusatzinformationen.
Andere Aspekte kommen dafür leider etwas zu kurz. Die wechselvolle Geschichte der Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und den Freimaurern hätte nach meinem Geschmack mehr Platz verdient; auch über den freimaurerischen Gehalt einer so populären Oper wie Mozarts „Zauberflöte“ würden manche Leser vielleicht gerne etwas erfahren. Doch das schmälert den Wert des Buchs in keiner Weise – denn wo erfährt man schon auf so wenigen Seiten so viel über die Geschichte, Symbole und Rituale der Freimaurer? Abgerundet wird das Werk von einer Zeittafel, einer Liste mit berühmten Freimaurern, weiterführenden Internetadressen und Literaturhinweisen.
Angesichts eines langsamen Verschwindens des klassischen Bildungsbürgertums stellt sich die Frage nach der Zukunft der Freimaurer – in der Schweiz sucht man neue Logenbrüder mittlerweile schon per Zeitungsannonce, was sicher kein gutes Zeichen ist. Die Freimaurer werden zwischen Tradition und Postmoderne ihren Weg finden müssen. Das Buch könnte ihnen, obschon eigentlich für die Öffentlichkeit außerhalb der Logen bestimmt, bei der Standortbestimmung helfen. Jedenfalls hat Matthias Pöhlmann auch mit diesem Werk bewiesen, dass er inzwischen zu Recht zu den renommiertesten Freimaurer-Experten im kirchlichen Bereich zu zählen ist. Dem Buch ist daher, gerade weil es auf sehr verständliche Weise hilft zu wissen, was stimmt, eine möglichst große Verbreitung zu wünschen.
Christian Ruch, Chur/Schweiz