Freimaurer

Freimaurerloge wegen des Ausschlusses von Frauen nicht als gemeinnützig anerkannt

Schließt eine Freimaurerloge Frauen von der Mitgliedschaft aus, ist sie nicht gemeinnützig. Eine Befreiung von der Körperschaftsteuer komme daher nicht infrage, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) am 17.5.2017 (s. a. Presseerklärung vom 2.8.2017: www.bundesfinanzhof.de/content/50-2017). Im konkreten Fall hatte das Finanzamt einer nordrhein-westfälischen Freimaurerloge die Anerkennung der Gemeinnützigkeit verweigert und Körperschaftsteuer verlangt. Das betrifft auch die Berechtigung, steuerlich absetzbare Spendenquittungen auszustellen. Dagegen hatte die Loge geklagt. Die Behörde begründete ihre Entscheidung mit der Satzung der Loge. Danach ist diese eine „auf vaterländischer und christlicher Grundlage beruhende Vereinigung wahrheitsliebender, ehrenhafter Männer“. Ziele seien unter anderem die Förderung christlicher Religiosität, die allgemeine Menschenliebe und die Hebung der Sittlichkeit.

Aufgrund des Ausschlusses von Frauen von Mitgliedschaft und Ritualpraxis werde aber nicht die Allgemeinheit gefördert, argumentierte das Finanzamt und wurde hierin vom BFH bestätigt. Das freimaurerische Spendensammeln zugunsten mildtätiger Zwecke mache diese nicht selbst mildtätig und sei neben der Ritualpraxis ein nebensächlicher Zweck der Loge. Ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht bestehe nicht, da die Loge auch ohne Steuervergünstigung weiterhin nur Männer als Mitglieder zulassen könne. Der Verweis auf als gemeinnützig anerkannte katholische Ordensgemeinschaften, die ebenfalls Männer oder Frauen von der Mitgliedschaft ausschließen, trage nicht, da diese wegen mildtätiger oder kirchlicher Zwecke Gemeinnützigkeit beanspruchten und nicht wegen der Förderung der Allgemeinheit.

Das Urteil kann, darauf wies der BFH selbst hin, auch Auswirkungen auf zahlreiche Vereine wie Schützenbruderschaften, Männergesangsvereine oder Frauenchöre haben, die ein Geschlecht „ohne sachlichen Grund“ von der Mitgliedschaft ausschließen. Auch hier steht nun die Anerkennung der Gemeinnützigkeit infrage, so Richter Christoph Wäger, Pressesprecher des BFH. Man sei keinesfalls überzeugt, dass es einen großen Unterschied zwischen Freimaurern, Schützen und Chören gebe. Dazu kommentierte Ekkehard Klemm, Dresdner Musikprofessor und Präsident des Verbands Deutscher Konzertchöre: „Damit macht man ein Stück Kultur kaputt. So wie es in der Musikliteratur Bläser- und Streichersymphonien gibt, so gibt es auch ein Repertoire an Männer- oder Frauenchören“ (www.welt.de/wirtschaft/article167500020/Dieses-Urteil-erschuettert-die-deutsche-Vereinskultur.html).

Die Entscheidung zu den Freimaurern wirft also Fragen auf. Das Urteil kann vordergründig als Beispiel für fortschreitende Gleichberechtigung von Männern und Frauen gelesen werden, insofern einem Männerbund Steuerprivilegien entzogen werden. Die Entscheidung ist aber andererseits ein Baustein des staatlichen Zurückdrängens geschlechtsspezifischer Sozialräume. Sie verkennt, dass Menschen sich in homogenen Gruppen anders verhalten als in gemischten und sich daher gelegentlich dementsprechende Interaktionsräume schaffen. Diese sind dann z. B. nach Geschlecht, Alter oder anderen Merkmalen differenziert und damit für ein Geschlecht, eine Altersgruppe usw. exkludierend. Dennoch können sie, betrachtet man nicht nur den Einzelverein, sondern die Gesamtheit in ihrem Zusammenspiel, gemeinwohlfördernde Elemente in einer sich vielfältig selbst strukturierenden Gesellschaft sein. Es gibt auch freimaurerische Frauenlogen (die von dem Urteil logisch mitbetroffen sind), sodass die Freimaurerei in toto Männern und Frauen offensteht, ähnlich wie es neben Männergesangsvereinen auch Frauenchöre usw. gibt.

Interessant ist die Begründung des Gerichts, es gebe für den Ausschluss von Frauen keinen sachlichen Grund. Ein solcher wäre nach Ansicht des Gerichts beispielsweise gegeben, wenn ein Frauenhaus als Refugium misshandelter Frauen nur Frauen im Trägerverein akzeptiere. Man muss aber den sachlichen Unterschied zwischen ein- und zweigeschlechtlichen Gruppen nicht so eng verstehen. Freimaurer sind einer der wenigen gesellschaftlichen Bereiche mit spiritueller Ritualpraxis in reinen Männergruppen. Das Gericht verneint also implizit, dass es einen sachlichen Unterschied ausmache, ob ein religiöses Ritual in gemischt- oder eingeschlechtlicher Gruppe stattfindet. Das widerspricht (nicht nur im Hinblick auf Rituale) der Lebenserfahrung.


Kai Funkschmidt