Esoterik

Glücksproduzenten auf Käufersuche: Das neue Esoterik-Magazin „happinez“

Auf zugkräftige wie verheißungsvolle Titel kommt es an, wenn Produkte auf dem Zeitschriftenmarkt etabliert werden sollen. Sie offenbaren auch eine gehörige Portion Zeitgeist. Jüngstes Beispiel dafür ist die am 10. Juni 2010 erschienene deutsche Erstausgabe von „happinez , einem „Mindstyle-Magazine“. Was ist darunter zu verstehen? Nach Meinung der Zeitschriftenmacher steht „Mindstyle“ für die Verbindung von Geist und Herz: „Happinez ist ein modernes, feminines Magazin, das einen puren und positiven Lifestyle vermittelt. Es richtet sich in der Kernzielgruppe an anspruchsvolle Frauen im Alter zwischen 35 und 50 Jahren, die Wert auf einen bewussten Lebensstil sowie emotionale Weiterentwicklung legen.“ Die Zielgruppe deckt sich mit typischen Nutzern moderner Esoterik-Angebote.

In dem zweimonatlich erscheinenden Magazin zum Einzelpreis von 4,95 Euro soll sich alles um „Weisheit, Psychologie und Spiritualität“ drehen. Thematisch angereichert wird das Ganze mit Infos und Berichten zu „Leben, Job, Gesundheit, Ernährung, Living, Reise und Natur sowie Kunst und Kultur“. Die Zeitschrift ist ein Produkt der „Bauer Media Group“ und eine Lizenzausgabe des gleichnamigen, seit 2003 erscheinenden holländischen Magazins, dessen Gesamtauflage rund 250 000 Stück beträgt. Für die Startauflage wurden in Deutschland 150 000 Hefte produziert.

Zum Selbstverständnis des Magazins heißt es im Internet (www.happinez.de): „Ein Heft für Menschen, die interessiert sind am Entdecken ihrer Innerlichkeit, verbunden mit einem angenehmen Leben.“ Die Erstausgabe widmet sich auf rund 140 Seiten dem Schwerpunktthema Liebe. Dabei geht es um magische Orte für Liebende, Tantra und eine Prise Exotismus, der mit einer Reportage über Schamanismus in Vietnam angereichert wird. Aber auch Spirituelles lässt sich im Heft finden: Im Innenteil kommen u. a. die Yogalehrerin Miriam Wessels, der US-amerikanische New-Age-Autor Gregg Braden und – mit eigener Kolumne – der Satsang-Lehrer Eckhart Tolle zu Wort („Die Kraft des gegenwärtigen Augenblicks“). Typische esoterische Überzeugungen begegnen im Heft immer wieder, etwa beim Thema „Die Magie der Anziehung“. Dort heißt es apodiktisch: „Wir erschaffen unsere Realität“. An anderer Stelle findet sich ein Bericht über das – angeblich alte – keltische Ritual „Handfasting“, bei dem sich die Liebenden mit Bändern an den Händen verbinden. Es handelt sich um ein Ritual, das auch in der Neuheidenszene, insbesondere im Wicca-Kult, verbreitet ist. Euphorisch heißt es in „happinez“: Eine wunderbare Möglichkeit für alle, die nicht auf traditionelle Weise heiraten möchten“.

Selbstverständlich dürfen im „happinez“-Heft esoterische Devotionalien nicht fehlen! Persönliche Hilfe verheißen die „Bring-mehr-Liebe-in-Dein-Leben-Karten“. Sie sollen – so die Empfehlung – an einen Ort gelegt werden, an dem frau sich oft aufhält. Auf der Vorderseite der Karte befinden sich Sinnsprüche von Marc Aurel über Goethe bis Mutter Theresa. Auf der Rückseite werden Empfehlungen gegeben, z. B. „Besuchen Sie einen sakralen Ort – eine Kirche, eine Bibliothek, einen Wald. Und erlauben Sie sich, die Stille und Einsamkeit zu fühlen.“

Mit dem neuen Magazin „happinez“ gibt sich ein schon länger sich abzeichnender Trend zur Popularisierung und Banalisierung esoterischer Themen zu erkennen. Schlagworte wie Intuition und Spiritualität sollen Menschen verzaubern und ihnen Impulse für ein gelingendes Wohlfühl-Leben in einer kraftvollen spirituellen Mindstyle-Atmosphäre offerieren. Dafür gibt es in dieser Zielgruppe nach wie vor Bedarf. Aber auch ein marktstategisches Kalkül lässt sich bei den Glücksproduzenten erkennen. Das Heft setzt auf positive Aspekte und Themen. Das ist an sich nichts Schlechtes. Doch die Themen passen vorzüglich zu einem zunehmend individualisierten „Mind-“ und „Lifestyle“, der sich mühelos mit unterschiedlichen spirituellen und esoterischen Ritualen, Tipps und Utensilien kombinieren lässt. Die in „happinez“ propagierte Glückssuche vollzieht sich daher bewusst konsumorientiert und entdeckungsfreudig. Für eine „entschleunigte“ Reflexion über Sinn und Unsinn solcher Angebote bleibt dabei kein Raum.


Matthias Pöhlmann