Hinduismus

Hindu-Tempel in Hamm erhält Körperschaftsrechte

Der Hindu Shankarar Sri Kamadchi Ampal Tempel in Hamm in Westfalen ist seit Februar 2017 Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat damit den gleichen rechtlichen Status wie 42 weitere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Deutschland, z. B. die großen Kirchen. Schon im Sommer 2005 hatte der hinduistische Tempelverein den Antrag auf Anerkennung gestellt, der 2012 abgelehnt wurde, da der Verein weder nach seiner Verfassung noch nach der Anzahl seiner Mitglieder (einige Tausend) die Gewähr der Dauer biete. Das Verwaltungsgericht Arnsberg sah dies anders und verpflichtete das Land Nordrhein-Westfalen im Juni 2013, den Trägerverein des Hindu-Tempels als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzuerkennen. Jetzt wurde der jahrelange Streit durch eine Landtagsentscheidung beendet.

Die tamilisch-hinduistische Tempelgemeinschaft ist seit 2004 eingetragener Verein. Ein Vorläufer war schon 1989 gegründet worden, seit 1993 werden – erstmals deutschlandweit – große Tempelfeste und hinduistische Prozessionen im südindischen Stil durchgeführt. 2002 bis 2004 wurde der Tempel gebaut. Er ist der größte kontinentaleuropäische und nimmt eine herausragende Stellung unter den tamilischen Hindutempeln als wichtiger Pilgerort für Gläubige aus Deutschland, Europa und Übersee ein. Damit kann die Tempelgemeinschaft inzwischen durchaus als Repräsentantin des Hinduismus in Deutschland und Europa betrachtet werden.

Jeden Tag finden im Tempel drei Pujas (religiöse Zeremonien) statt. Das Jahr über werden verschiedene Feste organisiert. An der jährlich im Mai/Juni stattfindenden Prozession nehmen inzwischen bis zu 20 000 Besucher teil.

Die Entscheidung akzentuiert das hohe religiöse Engagement der Tempelgemeinschaft und die Verankerung überregional wichtiger Riten an diesem Ort. Demgegenüber wird die geringe Zahl der Mitglieder (es wurde von 6150 europaweit berichtet) unterhalb der Promillegrenze der Bevölkerung nicht so stark gewichtet. Die Gewähr der Dauer hänge nicht nur an den konkreten Zahlen und dem langjährigen Bestand einer Gemeinschaft.

Ein Fall in jüngerer Zeit, in dem ebenfalls die geringe Mitgliederzahl im Rechtsstreit diskutiert wurde und letztendlich kein entscheidendes Gewicht erhielt, ist die Verleihung der Körperschaftsrechte an die Baha‘i-Gemeinde Deutschland durch das Land Hessen im Jahr 2013. Zwar gehörten nach damaligem Stand nur knapp 1000 Personen in Hessen der Baha‘i-Religion an (5000 bis 6000 in Deutschland), die Prognose, ob die Religionsgemeinschaft dauerhaft bestehen wird, wurde jedoch auch hier nicht von den Zahlen abhängig gemacht. Allerdings konnte im Blick auf die Baha‘i-Gemeinde auf eine 100-jährige Geschichte in Deutschland verwiesen werden wie auch auf den enormen Überlebenswillen angesichts der Verbote im Dritten Reich und in der DDR.

Mit dem Körperschaftsrecht ist eine Reihe von Privilegien verbunden, wie etwa das Besteuerungsrecht, das Recht, Beamte einzustellen, und Vergünstigungen bei Steuern, Abgaben und Gebühren. Für die Hindus, nicht nur in Hamm und NRW, ist die Anerkennung ein wichtiger Schritt. Sie erhoffen sich vor allem Vorteile für die weitere Entwicklung, etwa die Errichtung eines Altenheims.


Friedmann Eißler