Hindunationalisten: Indien soll bis 2020 rein hinduistisch werden
Hindunationalisten haben angekündigt, Indien werde bis 2020 ein rein hinduistisches Land sein. Laut indischen Medienberichten hat der Führer der radikalen nationalistischen Organisation Vishva Hindu Parishad (VHP), Ashok Singhal, den Wahlsieg Narendra Modis und seiner Bharatiya Janata Partei (BJP) 2014 als Beginn einer „Revolution“ bezeichnet. Die „800 Jahre dauernde Sklaverei“ sei zu einem Ende gekommen. Damit bezog er sich auf die Herrschaft von muslimischen Sultanen und Moguln über Indien. Die Prophezeiung einer Hindunation erfülle sich bis 2020, bis 2030 werde die ganze Welt von einer „neuen Ideologie“ erfasst. Singhal sprach Mitte Juli 2015 anlässlich einer Gedenkveranstaltung für den 2012 verstorbenen Chef des militanten hindunationalistischen „Nationalen Freiwilligenkorps“ Rashtriya Svayamsevak Sangh (RSS), K. S. Sudarshan. Unter den Anwesenden waren den Berichten zufolge prominente RSS-Funktionäre, so auch die indische Außenministerin Sushma Swaraj, die Sudarshan als „mütterliche Gestalt“ mit großen Verdiensten für die Entwicklung Indiens pries.
VHP und RSS propagieren den Hinduismus als Staatsreligion und verunglimpfen Andersgläubige als Anhänger „fremder Religionen“. Die regierende BJP Narendra Modis gilt als politischer Arm der militanten Hinduorganisationen. Vor allem Christen und Muslime leiden unter dem Klima zunehmender Gewalt. Zuletzt forderte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV, Göttingen) besseren Schutz für religiöse Minderheiten, insbesondere von Christen und Muslimen, sowie die Garantie voller Glaubensfreiheit. Seit der Amtsübernahme von Premierminister Modi im Mai 2014 hätten die Übergriffe von Hindunationalisten auf Christen und Muslime um 55 Prozent zugenommen.
In der bisherigen Amtszeit von Modi wurden in Indien mehr als 600 Übergriffe gezählt, drei Viertel davon auf Muslime und ein Viertel auf Christen. Etwa ein Viertel der Übergriffe sind tätliche Angriffe auf Personen. Deutlich nimmt die Gewalt gegen Frauen zu. Rund die Hälfte der Zwischenfälle sind Einschüchterungen, Drohungen und Zwang. Hindunationalisten bedrohten Priester und Gläubige, Messen und Begräbnisse wurden gezielt gestört, Christen zur Abkehr von ihrem Glauben gezwungen und Kirchen verwüstet. Die Täter blieben zumeist straflos, kritisiert der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius, weil die Polizei nur halbherzig ermittle und Zeugen aus Angst vor Racheakten nicht bereit seien, gegen Hindunationalisten auszusagen.
Mehr als 80 Prozent der 1,27 Milliarden Inder sind Hindus. Gut 13 Prozent sind Muslime und etwa 2,3 Prozent Christen.
Friedmann Eißler