Horst W. Beck verstorben
Im Alter von 80 Jahren verstarb am 28. Mai 2014 Horst Waldemar Beck, Pfarrer der württembergischen Landeskirche und bis Mitte/Ende der 1980er Jahre eine zentrale Persönlichkeit des deutschsprachigen Kreationismus.
Beck, der einer alten württembergischen Theologendynastie entstammt, war promovierter Ingenieurwissenschaftler (TU Stuttgart) und habilitierte sich als evangelischer Theologe an der Universität Basel. Er gehörte zu den Gründern der Karl-Heim-Gesellschaft (1974) und stieß Mitte der 1970er Jahre durch seine Herausgebertätigkeit zentraler Schriften Karl Heims eine Renaissance der Verhältnisbestimmung von christlichem Glauben und modernen Naturwissenschaften in der Fluchtlinie der sogenannten „Schwabenväter“ an. Zum zentralen Lebensereignis wurde dann für Beck seine – in mehreren Anläufen geschilderte und interpretierte – intellektuelle Konversion, die ihn während eines USA-Aufenthalts das Heim’sche Modell der Verhältnisbestimmung von Glaube und Naturwissenschaft zugunsten eines „schöpfungswissenschaftlichen“ Ansatzes de facto verwerfen ließ. Becks – 1977/78 maßgeblich durch den niederländischen Dispensationalisten und Kreationisten Wim Ouweneel begleitete – Hinwendung zum neuen Paradigma einer „Schöpfungswissenschaft“ führte Ende der 1970er Jahre zum Bruch mit der Karl-Heim-Gesellschaft und zur Gründung der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“.
Die maßgeblich von Beck verfasste Gründungssatzung von „Wort und Wissen“ (1979) lässt erkennen, dass als deren zentrale Zielsetzung die theologische Begründung und die religionspädagogische Explikation eines deutschsprachigen „schöpfungswissenschaftlichen“ Weges angestrebt wird, durchaus in kritischer Auseinandersetzung mit dem beinahe zeitgleich prosperierenden US-amerikanischen Junge-Erde-Kreationismus um Henry M. Morris und John C. Whitcomb. Zum Beispiel blieb Beck der strikte Biblizismus, wie er u. a. in den Chicago-Erklärungen ab 1978 vertreten wurde, immer fremd. Sein Selbstverständnis um ca. 1980 war das eines „Schöpfungswissenschaftsorganisators“ im deutschsprachigen Raum. Insbesondere seine enge Kooperation mit der katholisch-traditionalistischen Gustav-Siewerth-Akademie ist an dieser Stelle erwähnenswert.
Becks theologisch-literarische Produktion mündete 1987 in die erste Auflage seines Opus magnum „Biblische Universalität und Wissenschaft. Grundriß interdisziplinärer Theologie“. Darin stilisiert sich Beck, ebenso in seinen späteren Schriften, als Sehender, Schauender nur dem Eingeweihten zugänglicher göttlicher Geheimnisse. Er versteht sich damit als in der direkten Nachfolge der theosophischen Tradition des württembergischen Pietismus stehend, insbesondere F. Chr. Oetingers. Sein Werk repräsentiert in der Tat eine theosophische (esoterische) Spielart des Kreationismus, die in dieser Form in der US-amerikanischen kreationistischen Subkultur nicht rezipiert wurde. Auch im deutschsprachigen Kreationismus isolierte er sich damit immer mehr.
Innerhalb der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“ schwand Becks Einfluss zusehends, obwohl die Geschäftsstelle lange in seinem Haus in Baiersbronn-Röt im Schwarzwald angesiedelt war und dort weiterhin viele Seminare, Fortbildungen etc. stattfanden. Schließlich trennte man sich, die Geschäftsstelle zog ins nahegelegene Klosterreichenbach um. In der aktuellen deutschsprachigen kreationistischen Fachdiskussion wurde Beck de facto nicht mehr rezipiert. Gleichwohl bleibt die Aufarbeitung seiner schöpfungswissenschaftlichen Organisationstätigkeit, gerade in den 1980er Jahren, ein dringendes Desiderat der Evangelikalismus-/Fundamentalismus-Forschung in der Bundesrepublik.
Matthias Roser, Dortmund