Humanistischer Verband Deutschlands feiert 20-jähriges Bestehen
Im Januar 1993 wurde der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) in Berlin gegründet. Sieben Vereinigungen mit freireligiösen und freidenkerischen Traditionen schlossen sich zu einem Bundesverband zusammen, in dem sich heute nach eigenen Angaben ca. 20 000 Menschen für eine humanistisch geprägte säkulare Gesellschaft in Deutschland engagieren. Am 13. April 2013 wird das Jubiläum des Verbandes mit einem Festakt in Stuttgart begangen. Eine der Festreden wird die Grünen-Politikerin Silke Krebs halten, Ministerin im Staatsministerium Baden-Württemberg.
Auf der Grundlage einer Weltanschauung, die „weltlich ... ohne Bezugnahme auf einen Gott oder auf andere metaphysische Instanzen“ bestimmt ist, soll ein praktischer Humanismus Gestalt gewinnen. Im Grundsatz wird pointiert gefordert, die „Privilegierung der großen Kirchen abzuschaffen“. Zugleich tritt der HVD jedoch dafür ein, alle Möglichkeiten staatlicher Förderung durch die verfassungsmäßig gewährte Gleichstellung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu nutzen.
In einer Online-Chronik werden die „Meilensteine des praktischen Humanismus aus zwei Jahrzehnten“ in beeindruckender Weise aufgeführt. Längst ist der Verband zu einem Sammelbecken verschiedenster freidenkerischer und atheistischer Organisationen geworden. Die Arbeitsfelder und Angebote des praktischen Humanismus wurden kontinuierlich ausgeweitet. Sie sind nicht allein auf Festkultur, Bildung und Soziales beschränkt, sondern zielen darüber hinaus auf die Vielfalt und Breite sozialer Aktivitäten. Vieles, was an evangelischen und katholischen Einrichtungen das gesellschaftliche Leben mitbestimmt, wird inzwischen auch in „humanistischer“ Variante angeboten, wenn auch nicht flächendeckend: humanistische Kindertagesstätten, humanistische Schule und Akademie, humanistische Passageriten (Namensfeier, Jugendweihe bzw. -feier, Trauung, Trauerfeier) ... In Berlin war der HVD fraglos am erfolgreichsten mit seinem Angebot der Humanistischen Lebenskunde an öffentlichen Schulen. Die Schülerzahlen haben kontinuierlich zugenommen. Inzwischen besuchen mehr als 53 000 Schülerinnen und Schüler die Humanistische Lebenskunde.
Der Präsident des HVD, der Philosoph und Politikwissenschaftler Frieder Otto Wolf, hat in einer Rede zum Jubiläum darauf hingewiesen, dass es angesichts der Vielzahl von humanistischen Initiativen für den HVD keinen Alleinvertretungsanspruch gebe. Zugleich machte er auch darauf aufmerksam, dass humanistische Ideen im Sinne des HVD sich gesellschaftlich nicht von selbst durchsetzen werden: „ohne unser Handeln wird dies nicht geschehen“.
Vonseiten der christlichen Kirchen darf der HVD weder unterschätzt noch überschätzt werden. Die Mitgliedszahlen eines konfessorischen atheistischen Humanismus bleiben gering. Dass der HVD die wachsende Zahl von religionsdistanzierten Menschen repräsentiert, ist eine unbegründete Wunschvorstellung. Dennoch zeigt die 20-jährige Geschichte des HVD: Die Entwicklung eines praktischen Humanismus, der von einer atheistischen Weltdeutung ausgeht, stellt sich im Kontext fortschreitender Säkularisierung und Pluralisierung als durchaus chancenreich dar. (Zitate: www.humanismus.de)
Reinhard Hempelmann