Humanistischer Verband Hannover wird Mitglied im Forum der Religionen Hannover
Seit 20 Jahren arbeiten Christen, Muslime, Juden, Hindus, Buddhisten und Baha’i in Hannover in einem interreligiösen Forum zusammen. Gegründet als „Aktionskreis der Religionen und Kulturen“, nennt sich der Kreis seit dem Jahr 2009 „Forum der Religionen“. In diesem Kreis treffen sich Delegierte aus einer Vielzahl religiöser Gemeinschaften und Gruppen, darüber hinaus Repräsentanten der Stadtgesellschaft, die vom Forum zur Teilnahme eingeladen werden, insbesondere aus den Bereichen Religionswissenschaft, Kultur und Politik.Aus dem Forum ist das „Haus der Religionen“ in der Südstadt Hannovers hervorgegangen, das zum Evangelischen Kirchentag im Jahr 2005 eröffnet wurde. Es wird von einem interreligiösen Verein getragen, der 2008 entstand. Gründungsmitglieder waren neben Einzelpersonen der Evangelisch-lutherische Stadtkirchenverband Hannover, der Gesamtverband der Katholischen Kirche in der Region Hannover, die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover e.V. und der Geistige Rat der Baha’i in Hannover.2009 haben die im Forum vertretenen Religionsgemeinschaften einen „Rat der Religionen“ gewählt, dem zwölf Mitglieder aus sechs Religionsgemeinschaften angehören. Dieser Rat leitet das Haus der Religionen. Er versteht sich als Ansprechpartner für Politik und Stadtgesellschaft in Fragen, die das Zusammenleben der Religionen betreffen (www.haus-der-religionen.de).Im Juni 2006 bekundete der Humanistische Verband Hannover sein Interesse an einer Mitarbeit im seinerzeitigen „Aktionskreis der Religionen und Kulturen“. Man sei der Auffassung, so die Begründung, dass die große Gruppe der nicht religiös gebundenen Menschen in diesem interreligiösen Forum nicht fehlen dürfe. Der Verband habe seine Ursprünge in der 1948 gegründeten „Freireligiösen Landesgemeinschaft Niedersachsen“. Er sei ebenso wie die großen religiösen Gemeinschaften mit Staatsvertrag und Körperschaftsrechten ausgestattet. Das Land Niedersachsen habe ihn ausdrücklich als „Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft“ anerkannt. Im Übrigen sei die Zeit, in der sich der Verband lediglich als Kritiker der Kirchen verstanden habe, „im Großen und Ganzen vorbei“. In Hannover jedenfalls suche man die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Nach intensiven Gesprächen entschied der Aktionskreis im Februar 2007, die Humanisten zunächst „für eine 2-jährige beidseitige Orientierungsphase“ in den Kreis aufzunehmen. Vor einer endgültigen Entscheidung wollte man sich genauer kennenlernen. Die Entscheidung war nicht unumstritten. Einige Mitglieder stimmten gegen die Aufnahme. Sie hatten Zweifel, ob sich die Hannoverschen Humanisten tatsächlich von der scharfen Religions- und Kirchenkritik distanzieren würden, die den freireligiösen Verband einst ausgezeichnet hatte.Nach dem Ende der Probephase im Jahr 2009 kam das Thema wieder auf die Tagesordnung. Viele Mitglieder des Forums der Religionen votierten in Vorgesprächen grundsätzlich für die Aufnahme. Ihr stand allerdings entgegen, dass sich die Zweifel der Skeptiker zu bestätigen schienen. Denn nach wie vor äußerte sich der Verband in seiner Selbstdarstellung im Internet scharf religionskritisch. So fand sich unter der Überschrift „Geschichte, Wurzeln und Traditionen des Humanismus“ der folgende Abschnitt: „Religionen hemmen die Entwicklung ... [D]ie Bräuche und die Religion ... stärkten das Zusammengehörigkeitsgefühl, vertieften aber auch die Kluft zu Angehörigen anderer ... Völker. Besonders die Religionen haben hier eine unheilvolle Rolle gespielt ... In der Geschichte der Menschheit haben sich die Religionen als das stärkste Hindernis für gegenseitiges Kennenlernen, Verstehen und Achten erwiesen – stärker als unterschiedliche Sprachen, Sitten und Hautfarben. Das gilt besonders für die so genannten ,Weltreligionen’, die jede für sich den Anspruch erheben, ihre Glaubenslehre sei für alle Menschen gleichermaßen verbindlich. Die Religionen Asiens sind in dieser Hinsicht nicht anders als das Christentum.“ Auf Nachfrage zeigte sich der Landesgeschäftsführer des Humanistischen Verbandes Niedersachsen, Jürgen Steinecke, überrascht davon, dass dieser „längst überholte Text“ immer noch auf der Internetseite stand. Er sicherte dem Forum der Religionen zu, dafür zu sorgen, dass die Selbstdarstellung des Verbandes überarbeitet wird. Nochmals versicherte er, dass die niedersächsischen Humanisten sich von dieser Art Religionskritik abgewandt hätten. So habe der Verband es unter anderem abgelehnt, sich an der Buskampagne „Es gibt keinen Gott“ zu beteiligen. Derlei Polemik führe zu nichts. Bei aller Konkurrenz sei es im Gegenteil wichtig, dass sich alle Menschen, seien sie religiös oder „freireligiös“, gemeinsam für den Frieden einsetzen. Mittlerweile wurde die Internetseite überarbeitet und die zitierte Passage ersatzlos gestrichen (www.freie-humanisten.de/index.php?id=321). Auch andernorts betont der Verband, dass er die Phase des Gegeneinanders hinter sich gelassen habe. So stand einer Aufnahme des Humanistischen Verbandes Hannover in das Forum der Religionen nichts mehr im Wege. Am Ende votierten sowohl die Mitglieder des Forums (bei einer Gegenstimme) als auch die des Rates der Religionen (einstimmig) dafür.
Wolfgang Reinbold, Hannover