Charismatische Bewegungen

ICF feierte 15-jähriges Bestehen mit Reinhard Bonnke

1996 entstand in Zürich eine neue freikirchliche Bewegung mit dem Namen International Christian Fellowship (ICF), die sich in kurzer Zeit wirkungsvoll ausbreitete. Inzwischen gibt es mehr als 30 Gemeinden unterschiedlicher Größe, vornehmlich in der Schweiz und in Deutschland. Alle verstehen sich als neue freikirchliche Bewegung, die „den Rahmen dessen sprengt, was Menschen landläufig unter ‚Kirche’ verstehen“. In ICF-Gemeinden soll eine Vision von Kirche gelebt werden, „die in der Gegenwart angekommen ist und in die Zukunft drängt“. Mit Leidenschaft soll eine jugendliche Kirche verwirklicht werden, „die die Sprache unserer Generation spricht, die Medien unserer Zeit nutzt, die Entwicklungen in unserer Gesellschaft wahrnimmt“ (http://blog.icf-basel.ch/manuel/what-its-all-about/).

Unter dem Motto „The Big 15“ feierte die freikirchliche Bewegung ICF am 11. und 12. Juni 2011 in einer bekannten Eventhalle in Zürich ihr 15-jähriges Bestehen. Redner waren u. a. der Hauptpastor der Bewegung, Leo Bigger, der rhetorisch begabte Evangelist J. John aus England und der Afrika-Missionar, Heilungsevangelist und umstrittene Pfingstpastor Reinhard Bonnke aus Deutschland. Alle Ansprachen wurden zweisprachig gehalten. Das Verbindende zwischen Bonnke und der ICF-Bewegung dürfte weniger in den pfingstlerischen Spezifika liegen, für die Bonnke zweifellos auch steht, sondern in der Vermittlung von Erfolgsorientierung, Optimismus, Internationalität und dem klassisch evangelikalen Anliegen der Evangelisation.

Die ICF-Bewegung sucht die großen Bühnen und das junge Publikum. Sie folgt den gesellschaftlichen Trends zur Eventisierung und Verszenung. An ihrem Beispiel kann wahrgenommen werden, welche Chancen und Grenzen die Vermittlung des christlichen Glaubens durch Anpassung und Anknüpfung an die Jugendkultur hat. Deutlich wird ebenso, wie klärungsbedürftig die Bezeichnung „Freikirche“ heute geworden ist.

In einer globalisierten Welt und angesichts fortschreitender Säkularisierungsprozesse und eines Kontextes, der sich zunehmend in Richtung eines religiösen Pluralismus entwickelt, kann ein überzeugendes missionarisches Zeugnis nur gemeinsam geschehen. Der Lernprozess, sich als Teil einer größeren, durch Vielfalt gekennzeichneten Ökumene zu verstehen, steht jedoch vielen in der ICF-Bewegung Engagierten noch bevor. Nach 15 Jahren sollte man vor dieser ökumenischen Perspektive nicht länger fliehen, sondern sie als notwendige Aufgabe im Prozess des „Erwachsenwerdens“ begreifen. Jedenfalls gibt es heute eine Haftungsgemeinschaft aller christlichen Gemeinschaften im Blick auf das, was ein christliches Zeugnis in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit darstellt und was als solches auch wahrgenommen werden kann.


Reinhard Hempelmann