II. Zum Wissenschaftsverständnis des Kreationismus anhand von Zitaten der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen.“

Quelle: Reinhard Junker, Den Verstand benutzen und der Bibel trauen!, Rezension zu Barbara Drossel, Und Augustinus traute dem Verstand. Warum Naturwissenschaft und Glaube keine Gegensätze sind, Gießen 2013.4

Thema „Naturwissenschaft und Naturgeschichte“

„Die Beziehung Glaube – Naturwissenschaft kann konfliktreich werden, wenn die beiden Bereiche mit Inhalten gefüllt werden, die sich sachlich ins Gehege kommen können, d. h. wenn beide etwas über denselben Gegenstand aussagen. Dies ist der Fall, wenn zum einen Naturwissenschaft so verstanden wird, dass sie auch die Erforschung der Geschichte der Natur umfassen soll ... und zum anderen, wenn behauptet wird, die Heilige Schrift sage etwas Verbindliches über Gottes Handeln in eben dieser Geschichte ... Das Konfliktpotenzial wäre dagegen gering, wenn die Heilige Schrift nichts über Gottes Handeln in der Geschichte sagen würde. Es wäre aber ebenso gering, wenn Naturwissenschaft auf die Erforschung empirisch zugänglicher, gegenwärtiger Sachverhalte beschränkt würde. Eine solche Unterscheidung zwischen reiner Naturwissenschaft und Naturgeschichtsforschung, die neben naturwissenschaftlichen Befunden auch andere mögliche Elemente berücksichtigt, ist aus verschiedenen Gründen angebracht ...“

„Es soll zugestanden werden, dass die Plausibilität einer langen Erdgeschichte hoch ist ... Dennoch: Als sicheres Ergebnis der Naturwissenschaft können weder eine Gesamtevolution der Lebewesen noch das Alter der Erde gelten, da immer grundlegende Annahmen eingehen, die über das naturwissenschaftlich Begründbare hinausgehen ... Der Konflikt Glaube und Naturwissenschaft wäre schnell gelöst, wenn Naturwissenschaftler die Grenzen ihrer Methode nicht überschreiten würden. Naturwissenschaftler erforschen die Natur, so weit sie unseren Sinnen zugänglich ist, und versuchen Gesetzmäßigkeiten der Natur herauszufinden, Vorgänge, die man durch „Wenn-Dann-Sätze“ beschreiben kann und die nach aller unserer Erfahrung allgemein zutreffen (z. B.: Immer wenn ein Stein fallengelassen wird, fällt er zu Boden) ...“

Thema „Beweise für ein intelligentes Design“

„Beim Design-Ansatz geht es generell um die Frage, ob es Kennzeichen der Natur gibt, die auf einen Urheber hinweisen ... um ein besonderes Merkmal, das Lebewesen im Unterschied zu physikalischen Gegenständen (wie z. B. Atome oder Planeten) auszeichnet: Zweckmäßigkeit bzw. Teleologie (Zielorientiertheit). Ist dieses Kennzeichen mit großer Komplexität oder anderen geeigneten Merkmalen verknüpft, kann dies als weiteres, unabhängiges Design-Indiz gewertet werden ... Konkrete Beispiele sind komplexe Organe und Konstruktionen bei Lebewesen, die nur dann ihren Zweck erfüllen können, wenn viele Bauelemente gleichzeitig vorhanden und genau aufeinander abgestimmt sind ... Beim biologischen Design-Argument (2. Ordnung) geht es um die weiterführende Frage, was die Gesetzmäßigkeiten der Natur und Zufall zu leisten vermögen und wo ihre Grenzen sind. Dass es Grenzen gibt, ist unstrittig. Niemand wird beispielsweise behaupten wollen, dass ein detailliert bearbeiteter Faustkeil oder technische Konstruktionen ein bloßes Produkt von naturgegebenen Gesetzmäßigkeiten sein könnten. Wie sind aber biologische Konstruktionen zu bewerten? Das biologische Design-Argument besagt, dass bloße Naturgesetzmäßigkeiten auch nicht in der Lage sind, die biologischen Designs, die das Doppelkennzeichen Komplexität und Zweckmäßigkeit tragen, hervorzubringen, genauso wenig wie einen detailliert gearbeiteten Faustkeil. Ob das biologische Design-Argument sticht, muss in konkreten Fällen eine genaue Analyse zeigen. Darum soll es hier nicht gehen. Wichtig ist an dieser Stelle nur, dass der Design-Ansatz ein volles Recht hat, in der Ursprungsforschung verfolgt zu werden, und dass die Beschränkung auf den naturalistischen Ansatz, alleine Naturgesetze als Erklärungen in Genesefragen (Ursprung und ggf. Entwicklung) zuzulassen, unwissenschaftlich wäre, weil eine mögliche und sogar durch Indizien gestützte Antwortoption grundsätzlich ausgeschlossen würde. In anderen Worten: Der Design-Ansatz ist bereits dann berechtigt, wenn die Möglichkeit oder ein Verdacht auf eine intelligente Urheberschaft beziehungsweise auf Grenzen natürlicher Prozesse vorliegen. Und das ist unzweifelhaft der Fall ...“

Thema „Gott als Lückenbüßer“

„Der Design-Ansatz wird auch beim Thema ‚Gott als Lückenbüßer‘ verkürzt dargestellt – und die eigentlich relevanten Fragenstellungen werden einmal mehr verwischt: ‚Die Wissenschaft kann die Entstehung der ersten Zellen nicht erklären, also muss Gott sie gemacht haben. ... Diese Lücken werden als Beleg herangezogen, dass Gott die Dinge geschaffen hat“ ([Drossel] S. 26). Hier von ‚Lücken“ zu sprechen ist verfehlt, denn das geht nur, wenn das Ganze klar ist. Beispielsweise ist ein Gebiss eine lückenlose Reihe von Zähnen (das ist hier das Ganze), so dass das Fehlen eines Zahnes zu einer Lücke führt. In der Frage der Entstehung des Lebens gibt es aber kein Ganzes, in dem etwas fehlt. Wir haben keine naturwissenschaftliche Theorie, die diesen Vorgang oder auch nur wesentliche Teilschritte beschreiben würde. Hier von Lücken zu sprechen ist irreführend. Eine Lücke besteht nur für den, der eine natürliche Entstehung als Faktum bereits voraussetzt, wofür es wenig Anlass gibt. Tatsächlich erfolgt die Argumentation pro Design in der Biologie ganz anders, nämlich indem komplexe und zweckmäßige Strukturen identifiziert werden und auf der Basis unseres naturwissenschaftlichen Wissens (!) über physikalisch-chemische Gesetzmäßigkeiten abgeschätzt wird, ob deren Entstehung durch natürliche, blinde Prozesse erfolgt ist oder ob eine geistige Verursachung im Sinne des Design-Arguments ... wahrscheinlicher ist.“


Anmerkung

4 Rezension abrufbar unter www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=info/rezens/b51.html  (4.7.2014).