Im Zweifel für Alexas „Engel“ : Martin Kriele über sich und andere
(Letzter Bericht: 7/2005, 255ff) Der Ehemann der „Engel-Dolmetscherin“ Alexa Kriele, emeritierter Professor und ehemaliger Richter am Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen sowie „Fragesteller und Redakteur“ der Engel-Bücher, Prof. em. Dr. Martin Kriele (Jg. 1931), tritt seit kurzem mit einer eigenen Internetseite an die Öffentlichkeit. Unter www.martinkriele.info gewährt er Interessierten mit allerhand Fakten, Daten und einer Veröffentlichungsliste nicht nur Einblick in seinen wissenschaftlichen Werdegang und in seine religiöse Biografie. Der in zweiter Ehe mit Alexa Kriele (geb. Michalsen) verheiratete Jurist und scharfe Kritiker kirchlicher Weltanschauungsarbeit („Die faschistischen Züge der Sektenjagd“) möchte darin rückblickend über die Hintergründe des Streits um die Weltanschauungsfreiheit informieren. Es tut dies freilich aus seiner Sicht.
Während seiner Zeit als Professor in Köln im Jahr 1993 seien Medizinstudenten, die dem umstrittenen „Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ nahe standen und unter öffentlichen Druck geraten waren, an ihn mit der Bitte um juristischen Beistand herangetreten. Damit begann Krieles Engagement gegen die angebliche Verletzung der Weltanschauungsfreiheit: „Ich wurde daraufhin öfter von verzweifelten Betroffenen konsultiert, darunter öfters von gläubigen evangelischen Pfarrern, und fand Einblick in den in Deutschland damals tobenden Weltanschauungskampf, seine Strukturen und Methoden. Die rational-säkularisierte Welt beanspruchte Alleinherrschaft und wollte keine Form von eigenständigen religiösen, spirituellen Erfahrungen innerhalb oder außerhalb der Kirchen mehr tolerieren. Ungläubig gewordene ehemalige Theologiestudenten, aber auch kämpferische Atheisten, Materialisten und Kommunisten verbanden sich mit politischen Opportunisten und cleveren Geschäftemachern und dichteten gläubigen Menschen Rechtswidrigkeiten an, die gar nicht vorlagen. Da der Rechtsstaat diese Menschen folglich in Frieden ließ, meinte man: es bedürfe eines nebenstaatlichen Heeres von Weltanschauungskontrolleuren, die sie gesellschaftlich zu ächten und wirtschaftlich zu ruinieren hätten.“ In der Folgezeit hätten ihn immer mehr „Opfer von Rufmordkampagnen“ um Rechtshilfe ersucht. So entschloss er sich, kurz nach seiner Emeritierung 1996, nunmehr als niedergelassener Rechtsanwalt, den im Raum Nürnberg/Neumarkt in der Oberpfalz niedergelassenen „Psychotherapeuten Sepp Schleicher“ zu vertreten, der von einem katholischen kirchlichen Weltanschauungsbeauftragten öffentlich kritisiert worden war. Die längere juristische Auseinandersetzung endete, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückverwiesen hatte, im Jahr 2004 mit einem Vergleich zwischen dem Beklagten und der Erzdiözese Bamberg. Der BGH nahm, ohne festzustellen, ob in dem konkreten Fall die Sorgfaltspflicht tatsächlich verletzt wurde, den Fall zum Anlass, auf „die Sorgfaltspflicht eines kirchlichen Weltanschauungsbeauftragten bei seiner Öffentlichkeitsarbeit“ hinzuweisen. In einer Pressemitteilung des BGH (Nr. 26/2003) hieß es: „Der u.a. für Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzungen zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß die mit Sekten- und Weltanschauungsfragen befaßten Bediensteten der Kirchen, soweit diese öffentlich-rechtliche Körperschaften sind, gesteigerte Sorgfaltspflichten treffen, bevor sie in der Öffentlichkeit abwertende Urteile über andere Personen und Einrichtungen abgeben.“
Kriele zieht daraus freilich vorschnelle und teilweise unzutreffende Schlüsse, um den tatsächlich geschlossenen Vergleich vor dem Oberlandesgericht als Erfolg gegen die kirchliche Weltanschauungsarbeit insgesamt zu verbuchen. So erweckt der Jurist den Eindruck, es seien aus diesem Grund gleich mehrere Büros von kirchlichen Weltanschauungsbeauftragten geschlossen worden. Bei martinkriele.info heißt es wörtlich: „Im Netzwerk der Weltanschauungseiferer verbreitete sich die Sorge, das alles sei eine ‚Katastrophe für die Weltanschauungsarbeit‘, d.h.: diese sei auf der Grundlage von Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit nicht machbar. Tatsächlich wurden die Büros der im Fall Schleicher beteiligt gewesenen Sektenbeauftragten beider Konfessionen geschlossen. Gleiches geschah an mehreren anderen Orten. Die Verbliebenen werden von ihren Vorgesetzten jetzt zur Beachtung ihrer Amtspflichten angehalten.“ Tatsache jedoch ist, dass die Erzdiözese Bamberg das Büro des Weltanschauungsbeauftragten aus finanziellen Gründen geschlossen hat. Gegenwärtig ist sie dabei, diesen Arbeitszweig in vermindertem Umfang wieder einzurichten.
An anderer Stelle schildert Martin Kriele seinen „religiösen Weg“. Ursprünglich dem liberalen Protestantismus entstammend, trat er 1968 zur katholischen Kirche über und war von 1960 bis 1995 auch Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft. Die Gründe für seinen Austritt hat er auch publizistisch in einem Buch „Anthroposophie und Kirche“ dargelegt. Seit 1994 tritt er intensiv für die Drucklegung und publizistische Verbreitung der Engelsbotschaften seiner Ehefrau Alexa ein. Kriele betrachtet sich als „kritischen Katholiken“: „Ich besuche regelmäßig die Messe, an den großen Festtagen übernehme ich mit Freude das Orgelspiel. Viele Menschen, denen ich in der Kirche begegnet bin – an der Basis, in Klöstern und Orden und auch in leitenden Ämtern – haben mir große Hochachtung abgenötigt.“ Gleichwohl ist er ein spiritueller Außenseiter geblieben. Die Engelsbotschaften, ihr Duktus und Inhalt, deuten darauf hin, dass er sein anthroposophisches – oder besser: esoterisches Gewand – nie ganz abgestreift hat. War er zunächst ein spiritueller Einzelgänger, so hat sich dies durch die Beziehung zu seiner zweiten Ehefrau Alexa verändert. So wird er nicht müde, die gemeinsam publizierten Engel-Bücher gegen Kritiker in Schutz zu nehmen: „Anhängern der materialistischen Weltanschauung erscheint ‚so etwas’ unmöglich, weil es Engel gar nicht gebe. Manche Traditionschristen meinen: Es gebe sie zwar, sie hätten aber seit den biblischen Zeiten ihren Verkehr mit Menschen aufgegeben, um den Theologen und kirchlichen Amtsträgern das Feld zu überlassen. Andere meinen: sie sprechen zwar zu uns, aber nur in kurzen, aufrüttelnden Botschaften, sie seien mit der Menschenwelt nicht vertraut und zu zusammenhängenden Darlegungen nicht in der Lage. Das alles widerspricht meiner Erfahrung.“ Die Engel-Esoterik seiner Ehefrau betrachtet er als „christliche Mystik“. So sollen die Krieleschen Engel-Bücher „die christliche Tradition nicht revolutionieren, sie aber Menschen leichter begreiflich machen, die meinen, sie sei mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft nicht vereinbar“. Sieht man sich jedoch die Inhalte der bisher vorgelegten Bücher des Ehepaares Kriele über Engel und neuerdings über Naturgeister genauer an (vgl. MD 5/2000, 157ff; 7/2005, 255ff), so ist darin mehr Esoterisches denn dezidiert Christliches zu finden.
Die Internetseite Martin Krieles führt eine durchaus schillernde Persönlichkeit vor Augen. Sie dokumentiert zum einen die sachlichen Fakten einer juristischen Karriere. Zum andern präsentiert sie Krieles angeblichen Kampf um die Weltanschauungsfreiheit mit einseitigen und bisweilen verzerrenden Zügen. Und schließlich gibt sich die spirituelle Suchbewegung eines Mannes zu erkennen, der den Weg von der evangelischen zur katholischen Kirche über die Anthroposophie beschritt, um schließlich gemeinsam mit Ehefrau Alexa selbst zum Anbieter in der Esoterik-Szene zu werden. Gerade dieses Neben- und Ineinander unterschiedlichster Motive charakterisiert die merkwürdige Befangenheit des vermeintlich so objektiven Juristen. Manche sehr persönlichen Interessen im Kampf gegen die kirchliche Weltanschauungsarbeit treten nun deutlicher hervor. Was nicht übersehen werden sollte: Das Angebot der Engel-Dolmetscherin Alexa und ihres Ehemannes Martin Kriele passt sich vorzüglich in die Esoterik-Szene ein, in der übersinnliche Botschaften nach wie vor Konjunktur haben und wohl auch künftig ihr Publikum finden.
Matthias Pöhlmann