Ingrid Matthäus-Maier als Vertreterin säkularer Organisationen in den Rundfunkrat des WDR berufen
Neben den beiden großen Kirchen und der jüdischen Gemeinde sollen jetzt auch nicht konfessionell gebundene Menschen im Rundfunkrat vertreten werden, und zwar durch die frühere FDP- und SPD-Politikerin Ingrid Matthäus-Maier. „Der Rundfunkrat vertritt im WDR die Interessen der Allgemeinheit; dabei berücksichtigt er die Vielfalt der Meinungen der Bürgerinnen und Bürger.“ So steht es im Gesetz über den „Westdeutschen Rundfunk Köln“ (WDR-Gesetz) in der Fassung vom 2. Februar 2016, veröffentlicht vom Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen.
Bereits im März 2015 hatten der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) zusammen mit dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) die zuständige Ministerin aufgefordert, eine Interessenvertretung für den zunehmenden Anteil nichtreligiöser Menschen im Rundfunkrat sicherzustellen. Im April 2016 hatten sich die drei Organisationen bei der Landtagspräsidentin um einen Sitz im Rundfunkrat beworben. Der Landtag stimmte zu und entschied in einem Auswahlverfahren, dass die genannten drei Organisationen, deren Mitgliedszahlen ausgesprochen gering sind, einen gemeinsamen Sitz im Rundfunkrat erhalten. HVD-Landespräsident Erwin Kress kommentierte die Entscheidung mit den Sätzen: „Wir begrüßen, dass konfessionsfreie, säkulare und humanistische Kräfte nun im Rundfunkrat vertreten werden. Es bleibt aber eine Schieflage im WDR. Wir erwarten, dass wir uns auch im Programm wiederfinden. Während den christlichen Kirchen eine Vielzahl von direkten und indirekten Verkündigungssendungen im WDR geboten wird, fehlt uns eine solche Möglichkeit. Unsere eigene monatliche Sendung aus der freigeistigen Landesgemeinschaft wurde uns 1993 einfach gestrichen.“
Ingrid Matthäus-Maier ist bekannt für ihre strikt laizistischen Positionen und ihren Kampf gegen das geltende religionsfreundliche Modell des deutschen Verfassungsrechts. Ihr Kommentar lautete: „Wir freuen uns über die Entscheidung des Landtags. Es ist zwar erst ein Anfang, die Entscheidung zeigt aber, dass die im Landtag vertretenen Parteien zur Kenntnis genommen haben, dass die konfessionsfreien, humanistischen und säkularen Kräfte in der Gesellschaft erheblich an Gewicht gewonnen haben und mit ihren etwa 35 % Anteil an der Bevölkerung das Spektrum im Rundfunkrat im Sinne der geforderten Pluralität des WDR-Gesetzes erweitern.“ In dem Statement von Matthäus-Maier bleibt unberücksichtigt, dass konfessorischer Atheismus ein zahlenmäßig äußerst begrenztes Elitephänomen darstellt. Es ist m. E. eine unzulässige Vereinnahmung, wenn der Anspruch erhoben wird, für 35 Prozent der Bevölkerung zu sprechen. Bereits in der vom HVD vorgelegten Studie „Gläserne Wände“ zur Diskriminierung von religionsfreien Menschen wurde anmaßend gesagt, der HVD vertrete die Interessen von mehr als 25 Millionen, die keiner Kirche und Religionsgemeinschaft angehören. Verbindlich sprechen kann der HVD nur für seine Mitglieder, und das sind nach eigenen Angaben 25 000, also 0,1 Prozent von 25 Millionen. Um vergleichbare Zahlenverhältnisse dürfte es sich in NRW handeln. Die Grundsätze des Rundfunkrates sind durchaus plausibel. Die Vielfalt der Meinungen der Bürgerinnen und Bürger ist zu berücksichtigen. Dass dies gelungen ist, muss bezweifelt werden.
Reinhard Hempelmann, 15.08.2016