Islamische Bestattungen
(Letzter Bericht: 6/2003, 224ff, 228ff, 236; 7/2003, 262ff) In Nordrhein-Westfalen wird ab September 2003 bei Bestattungen kein Sargzwang mehr bestehen. Die Details müssen in den jeweiligen Friedhofssatzungen geregelt werden. Damit werden auch Tuchbestattungen nach islamischem Glauben möglich. Die Bestimmungen für Totenasche, die ggfs. auch auf einem besonderen Feld des Friedhofs oder außerhalb des Friedhofs verstreut oder bestattet werden kann, sind eher hypothetisch, da Muslimen Einäscherungen nicht gestattet sind. In zahlreichen Kommunen auch außerhalb von NRW hatte es bereits vorher die Möglichkeit der Bestattung ohne Sarg gegeben (Aachen, Herzogenrath, Aldenhoven, Krefeld, Essen, Paderborn, Soltau, Hamburg u.a.). Die wichtigsten Bestimmungen muslimischer Bestattungen sind folgende:
1. Die Bestattung soll innerhalb von 24 Stunden nach dem Ableben erfolgen; 2. Vorgeschriebene rituelle Waschung des vollständig entkleideten Leichnams; 3. Auf einem freien Platz findet ein Totengebet statt, das Gesicht des Toten soll nach Mekka weisen; 4. Die Grablegung hat in Tüchern zu erfolgen, der Leichnam wird von muslimischen Männern auf den Schultern zum Grab getragen oder auf einer fahrbaren Bahre von möglichst vielen Menschen je abwechselnd gezogen, um allen Teilnehmenden die Möglichkeit zur Mitwirkung zu geben. Seitens islamischer Institutionen sind Sargbegräbnisse als Ausnahme zugelassen. 5. Der Tote soll in einer am Fuß des Grabes ausgehobenen Nische auf der rechten Körperseite liegen und in Richtung Mekka blicken. 6. Die Totenruhe soll bis zur Auferweckung zum Gericht dauern, d.h. die übliche zeitliche Befristung deutscher Grabstätten ist mit muslimischem Brauch nicht vereinbar. Aufwendige Grabpflege und -schmückung ist nicht vorgesehen, Gräber sollen so schlicht wie möglich gestaltet werden. Das islamische Recht geht von getrennten Friedhöfen für Angehörige verschiedener Religionsgemeinschaften aus.
Aufgrund der zahlreichen Probleme in Anbetracht der Kollision mit den in Deutschland üblichen Bestattungsregeln und dem islamischen Brauch ist die islamische Bestattung bisher eher die Ausnahme, die Rückführung in das Herkunftsland die Regel. Jedoch äußern immer mehr eingewanderte Muslime wie auch solche der zweiten Generation den Wunsch, hier beerdigt zu werden, was auch als ein Zeichen der Integrationsbereitschaft gewertet werden sollte. Gesetzliche Regelungen wie die neue aus NRW sollten diesem Wunsch in einer für die Gesamtgesellschaft und die Kirchen vertretbaren Weise entgegenkommen.
Literatur zum Thema: Thomas Lemmen, Islamische Bestattungen in Deutschland, Altenberge 21999; Peter Heine, Halbmond über deutschen Dächern, München 1997, 221-229; Antonio Bilbao/Ralf Geisler/Beata Gramse (Hg.), Nach Mekka gewandt - Zum Umgang türkischer Muslime mit ihren Verstorbenen in der Türkei und in Deutschland, Amt für Gemeindedienst der Ev.-luth. Landeskirche Hannover, 1997.
Ulrich Dehn