Klage auf Gleichbehandlung von "Humanistischer Lebenskunde" und Religionsunterricht
Im Bundesland Brandenburg hat eine Frau mit Unterstützung des Humanistischen Verbandes Deutschland (HVD) Verfassungsbeschwerde eingereicht, um die Gleichbehandlung des Unterrichtsfachs "Humanistische Lebenskunde" mit dem Religionsunterricht zu erreichen. Zum Hintergrund: Die Klägerin, Mitglied des HVD, hatte im Herbst 2001 bei dem zuständigen Bildungsministerium einen Antrag gestellt, dass ihre Tochter den weltanschaulichen Unterricht "Humanistische Lebenskunde" zu den gleichen Bedingungen erhält wie christliche Kinder kirchlichen Religionsunterricht erteilt bekommen. Dieser Antrag wurde vom Bildungsministerium abgelehnt.
Daraufhin reichte die Mutter, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten Prof. Dr. Ludwig Renck (München), im Februar 2002 eine Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder ein und stellte den Antrag auf eine einstweilige Anordnung, ihrer Tochter bereits ab August 2002 den von ihr gewünschten Unterricht zu ermöglichen. - Renck, viele Jahre Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, ist mit der Materie bestens vertraut. Bereits 1998 hatte er erstritten, dass in mehreren alten Bundesländern die Privilegierung des Religionsunterrichts gegenüber dem Ethikunterricht aufgehoben wurde. - In der Antragsbegründung des jetzt anhängigen Falles hieß es: "Indem Bildungsminister Steffen Reiche ... für christliche Eltern und Kinder einen kirchlichen Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen zulässt und großzügig finanziell fördert (90 Prozent der Personalkosten), nichtchristlichen Eltern und Kindern einen weltanschaulichen Unterricht dagegen verwehrt, verstößt er gravierend gegen das verfassungsmäßige Gebot der Gleichbehandlung." Eine Tendenz zur "Verweigerung von Grundrechten" sah die Klägerin auch darin, dass das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder die Eilentscheidung bis zum September 2002 verzögert und das Oberverwaltungsgericht des Landes Brandenburg eine entsprechende Beschwerde abgelehnt hatte. In einer diesbezüglichen Pressemeldung war zu lesen: "Das Oberverwaltungsgericht des Landes Brandenburg lehnte die Beschwerde ... ab und verwehrte damit der Mutter einen effektiven zeitweiligen Rechtsschutz, wie er von verfassungswegen und aufgrund höchstrichterlicher Rechtssprechung gewährleistet werden muss. Es macht offenbar noch Schwierigkeiten, Religion und Weltanschauung gleich zu behandeln."
Inzwischen hat sich eine "Elterninitiative Brandenburg für Humanistische Lebenskunde - Gegen die Diskriminierung nichtchristlicher Eltern und Kinder durch die Landesregierung Brandenburgs" gegründet. Diese Elterninitiative erhofft sich von der Verfassungsklage, dass die Richter "unverzüglich die Diskriminierung der Mutter und ihrer Tochter ... beenden und damit auch ein Zeichen für alle nichtchristlichen Eltern und Kindern setzen, dass ihnen im Land Brandenburg die gleichen Rechte wie christlichen gewährt werden müssen".
Scharf wird auch der zuständige Bildungsminister Steffen Reiche, "Kirchenmitglied und Pfarrer im Ruhestand" attackiert: Ihm soll, so die Erwartung der Elterninitiative, durch ein Urteil deutlich gemacht werden, "dass er als Christ keine kirchliche Klientelpolitik betreiben darf und dass auch für ihn als Bildungsminister die Grundsätze der Landesverfassung Geltung haben".
Andreas Fincke