Karlheinz Deschner

Kriminalgeschichte des Christentums Bd. 10: 18. Jahrhundert und Ausblick auf die Folgezeit

Karlheinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums Bd. 10: 18. Jahrhundert und Ausblick auf die Folgezeit, Rowohlt-Verlag, Hamburg 2013, 320 Seiten, 22,95 Euro.

Karlheinz Deschner, einer der bekanntesten in Deutschland (Unterfranken) lebenden Kirchenkritiker, hat mit dem Erscheinen des Bandes 10 sein umfangreiches Werk „Kriminalgeschichte des Christentums“ abgeschlossen. Das Buch des inzwischen 89-Jährigen endet allerdings nicht in der Gegenwart, sondern mit dem 18. Jahrhundert und einem Ausblick auf die Folgezeit. Es befasst sich mit Themen wie der „Große Nordische Krieg“ (49-65), mit „Seitenblicke(n) auf das orthodoxe Christentum“ und seinen engen Verbindungen zwischen Thron und Altar (67-91) wie auch mit dem „Josephinismus“ (191-209) und der „Armut als Massenphänomen des absolutistischen Zeitalters“ (211-226). In einer Nachbemerkung wird darauf hingewiesen, dass die fehlenden 200 Jahre in Deschners Buch, „Die Politik der Päpste im 20. Jahrhundert“ (1991), auf 1400 Seiten bereits behandelt wurden, sodass dieses Buch gewissermaßen als Band 11 – und damit als zeitlicher Abschluss – der Kriminalgeschichte gelten kann. Die Entstehungsgeschichte der Buchreihe gestaltete sich anfangs äußerst schwierig. Der Vertragsabschluss mit dem Rowohlt-Verlag erfolgte im Jahr 1970. Erst 16 Jahre später erschien der erste Band. Deschner war zu diesem Zeitpunkt 62 Jahre alt. Kaum jemand hatte noch mit der Realisierung eines so umfangreichen Projektes rechnen können.

Deschners voluminöse Abrechnung mit dem Christentum bezieht sich gleichermaßen auf dessen Grundlagen wie auf die Wirkungsgeschichte. Sein Fazit lautet: „Das Christentum wurde der Antichrist. Jener Teufel, den es an die Wand malte: er war es selber! Jene Hölle, mit der es drohte: sie war es selbst! ... Seit Konstantin wurden Heuchelei und Gewalt die Kennzeichen der Kirchengeschichte, wurde Massenmord zur Praxis einer Religion“ (226). Seine Christentumskritik ist pauschal und undifferenziert; sie kennt keine Zwischentöne. Ein Quellenstudium fehlt den Ausführungen in vielen Passagen. Der umstrittene Schriftsteller kriminalisiert das Christentum. Inhumanität wird gewissermaßen zum Definitionskriterium des Christentums erhoben. Deschners Kirchen- und Christentumskritik konnte gleichwohl eine bemerkenswerte Resonanz erfahren. In atheistischen Milieus wird Deschner verehrt und gefeiert. Die Giordano Bruno Stiftung verleiht Deschner-Preise. 2007 wurde dem Religionskritiker Richard Dawkins ein entsprechender Preis überreicht. Andere Atheisten und Agnostiker, wie beispielsweise Joachim Kahl, grenzen sich von Deschner deutlich ab. Evangelische und katholische Theologen haben sich – auch publizistisch – mit der „Kriminalgeschichte des Christentums“ kritisch auseinandergesetzt. Religionskritische Implikationen des Christentums und selbstkritische Analysen christlicher Theologinnen und Theologen sind für Deschner keine Themen von Bedeutung und Gewicht. Für seine umfangreichen Darlegungen zum Feindbild Christentum sind sie unpassend.


Reinhard Hempelmann