Psychoszene / Psychotraining

Kritik an „Deutscher Akademie für Psychoanalyse“ ist zulässig

Im Juni 2008 feierte das Berliner Lehr- und Forschungsinstitut der „Deutschen Akademie für Psychoanalyse“ (DAP) ihr 40-jähriges Bestehen. Nach dem Tod ihres Gründers Günter Ammon im Jahr 1995 war es ruhiger um das fragwürdige gruppentherapeutische Verfahren der DAP geworden. Nur noch vereinzelt waren kritische Stimmen zu dieser Therapieform zu hören – zum Beispiel in einem Abschnitt über die Psychoszene im von der EZW herausgegebenen Handbuch „Panorama der neuen Religiosität“ (22005, 158-161). Der Verfasser des Abschnitts, der württembergische Weltanschauungsexperte Hansjörg Hemminger, hatte einen ähnlichen Text auf seine Homepage ins Internet gestellt, was der DAP Anlass für eine Unterlassungsklage war. Dieser Rechtsstreit wurde im April 2007 vom Landgericht zugunsten des Beklagten entschieden. Die Berufung des Klägers wurde im Dezember 2007 vor dem Berliner Kammergericht zurückgewiesen. Eine zunächst eingereichte Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) gegen die Nichtzulassung der Revision wurde im Juni 2008 zurückgezogen – das Urteil des Kammergerichts ist damit rechtskräftig.

Im Kern hat das Gericht festgestellt, dass es sich bei der kritischen Darstellung der Methode insgesamt um zulässige Meinungsäußerungen handele. Im Einzelnen hatte die DAP versucht, durch eine Unterlassungserklärung folgende vier Äußerungen aus der Welt zu schaffen: „Die DAP verstehe sich als Arbeits- und Lebensgemeinschaft für Therapeuten und Patienten ... Innerhalb der DAP werde nach dem Prinzip der immerwährenden Therapie als Lebensform ihrer Anhängerschaft verfahren ... Innerhalb der DAP und ihrer Institutsambulanzen werde gegen therapeutische Regeln wie Abstinenz, Rollenklarheit und Vertraulichkeit verstoßen ... Die Gruppe werde von Frau Dr. Ammon autoritär regiert“ (Kammergericht Berlin, 10 U 130/07 vom 03.12.2007). Der Autor war jedoch der Überzeugung, die Unterlassungsansprüche der DAP seien nicht rechtens. Bei seiner Darstellung handele es sich durchweg „um nicht untersagungsfähige Äußerungen von Meinungen, die er sich nach sorgfältiger Prüfung gebildet habe“ (Landgericht Berlin, 27 O 1092/06 vom 03.04.2007). Dieser Sichtweise hat sich nach der Berufung die nächsthöhere Instanz, das Kammergericht Berlin, angeschlossen. In seiner Begründung stellt es heraus, dass es sich bei dem Text aus juristischer Sicht um klare Werturteile des Beklagten ohne schmähenden Charakter handele, die deshalb unter den Schutz der Meinungsfreiheit fielen.


Michael Utsch