Alternative Medizin

House of one

Kritik an neuem Lehrstuhl für alternative Heilverfahren. An der Universität Tübingen sollen ab 2019 alternative Heilmethoden und Komplementärmedizin erforscht und gelehrt werden. Dieser Beschluss der Landesregierung in Baden-Württemberg hat die zu erwartende Kritik hervorgerufen. Es wurden wissenschaftliche Studien angeführt, die alternative Heilmethoden als wirkungslos klassifizieren. Weiterhin könnten Patienten mit heilbaren Krankheiten wichtige Heilbehandlungen versäumen, wenn sie ausschließlich auf komplementäre Verfahren setzen.

Aus Sicht der Gesundheitsforschung ist es jedoch sehr zu begrüßen, wenn sich komplementäre Verfahren der wissenschaftlichen Prüfung stellen und in das medizinische Versorgungssystem einbezogen werden. Durch den rigiden Ausschluss derartiger „Scheinmedizin“ und das Abwerten ungewöhnlicher, bisher unverstandener Heilungsphänomene werden diese Verfahren in ein paralleles alternatives Gesundheitssystem gedrängt, dem jede Qualitätskontrolle fehlt. Natürlich treiben dort auch Quacksalber ihr Unwesen. Dennoch erfordert ein ganzheitliches und kultursensibles Vorgehen auch die Prüfung alternativer Verfahren – vor allem dann, wenn sie ergänzend zur klassischen Schulmedizin eingesetzt werden. Auch streng wissenschaftlich orientierte Fachrichtungen wie etwa die Psychiatrie beschäftigen sich neuerdings mit komplementären und alternativen Therapien. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich zunehmend mehr Patienten – leider auch dank des Internets – dubiosen Verfahren wie Geistheilung oder spiritueller Medizin zuwenden. Angesichts dieses Trends ist es wichtig, verantwortungsbewusst gut gesicherte Aspekte der zum Teil Jahrtausende alten Methoden aus China und Indien, aber auch traditionelle westliche Naturheilkunde und Klostermedizin in das westliche Medizinsystem zu integrieren.


Michael Utsch