Jehovas Zeugen

Kritik der Bundesregierung am Verbot von Jehovas Zeugen in Russland

(Letzter Bericht: 3/2017, 105f) Das Oberste Gericht Russlands hat die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas im April 2017 als eine extremistische Gruppe eingestuft und sie deshalb verboten. Ihr Vermögen soll beschlagnahmt werden. Nach eigenen Angaben zählen die Zeugen Jehovas in Russland rund 170 000 Anhänger, fast ebenso viele wie in Deutschland.

Die Bundesregierung hat Russland daraufhin aufgefordert, sich an seine internationalen Verpflichtungen zu halten und den Zeugen Jehovas die ungehinderte Ausübung ihrer Religion zu ermöglichen. Das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit sei in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte fest verankert. Zu deren Respektierung und Wahrung habe sich Russland völkerrechtlich bindend verpflichtet (Pressekonferenz am 21.4.2017).

Jehovas Zeugen verfolgen keine politischen Ziele. Es führt deshalb in die Irre, sie als extremistisch einzustufen. Auch wenn die Religionsgemeinschaft in mancherlei Hinsicht ein hohes Konfliktpotenzial aufweist (strikt hierarchische Organisation mit Absolutheits- und Exklusivitätsanspruch, soziale Ächtung von Aussteigern), stellt sie keine Bedrohung für eine aufgeklärte und mündige Bevölkerung dar. Eine Regierung, die eine Religionsgemeinschaft verbietet, mischt sich auf übergriffige Weise in private Gewissensentscheidungen seiner Bürger ein.


Michael Utsch