Islam

Lebenslagen von Migrantinnen

Im Dezember wurde im Bundesfamilienministerium die Studie „Viele Welten leben“ vorgestellt (http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=22566.html). Zweieinhalb Jahre wurden die Lebensbedingungen von 955 jungen Migrantinnen zwischen 15 und 21 Jahren untersucht, die aus der Türkei, Griechenland und Italien stammen. Auch Aussiedlerkinder wurden in die Untersuchung mit einbezogen. Die erste Studie dieser Art stellte die Bedeutung der Familie und Freundschaften, Bildung und Geschlechtsrollenverständnis sowie die Religiosität in den Mittelpunkt. Ein wichtiges Ergebnis ist die hohe Zufriedenheit, die von den Befragten hinsichtlich ihrer Lebenssituation ausgedrückt wurde.

Die Religion ist für alle Befragten bedeutsam, vor allem aber für die Musliminnen. Über die Hälfte bezeichnet sich als stark oder sehr stark religiös. Vor allem das Selbstvertrauen sei wichtig, das ihnen der Glaube gebe. Allerdings betont die Studie die Notwendigkeit, Musliminnen differenziert zu betrachten: Demnach unterscheiden sie sich im Hinblick auf die Stärke ihrer religiösen Orientierung sowohl nach nationalem Hintergrund (bosnisch oder türkisch) als auch – innerhalb der Mädchen mit türkischem Hintergrund – danach, ob sie Alevitinnen oder Sunnitinnen sind und bei Letzteren, ob sie ein Kopftuch tragen oder nicht. Nur zwölf Prozent der Musliminnen türkischer Herkunft tragen ein Kopftuch. Sie sind überwiegend stark religiös und fühlen sich durch den Islam – anders als viele Frauen ohne Kopftuch – nicht diskriminiert.

Die Migrationsforscherin Boos-Nünning, die vom Ministerium mit dieser Studie beauftragt worden war, beklagte, dass die falschen Frauen derzeit im Mittelpunkt der Medien stünden. Zwar gebe es auch Migrantinnen, die sich unterdrückt fühlten. Sie seien jedoch nicht in der Mehrheit. Die Befragten legten Wert auf ihre Tradition und Sprache, die sie auch an ihre Kinder weitergeben wollen, halten aber auch gutes Deutsch für zwingend geboten.

Nach der Studie wachsen Migrantinnen weniger in ihren ethnischen Milieus heran als vielmehr in Zuwanderermilieus, die von unterschiedlichen Ethnien geprägt sind. Diese Vielfalt kann auch als ein Lernfeld für interkulturelles Verstehen angesehen werden.

Michael Utsch