Mein Weg zu Buddha und zurück. Warum ich wieder Christ bin
Paul Williams, Mein Weg zu Buddha und zurück. Warum ich wieder Christ bin, Pattloch Verlag, München 2006, 287 Seiten, 19,90 Euro.
Bisweilen haftet Konvertitenliteratur etwas Verdächtiges an: Man merkt die Absicht und man ist verstimmt. Der schrille Kontrast zwischen dem finsteren Vergangenen und dem hellen Heute erweckt oft den Eindruck, Übertreibungen und auch Unwahrheiten zu vermitteln. Die Autoren solcher Literatur immunisieren sich jedoch gern gegen alle Kritik durch den Rückzug ins Subjektive: „Ich habe es aber so erlebt!“
Paul Williams’ Buch ist – wie sein deutsches Pendant „Ich war Buddhist“ von Martin Kamphuis – eigentlich klassische Konvertitenliteratur. Williams war offenbar einer der führenden Buddhisten Englands, ehe er sich gemäß Klappentext zum „Schock“ seiner buddhistischen Freunde dem Katholizismus zuwandte. Wie so oft in der Konvertitenliteratur zu beobachten, versucht das Buch dreierlei: Es erzählt, zumindest ansatzweise, die eigene Lebensgeschichte, übt Kritik am Alten (in diesem Falle am Buddhismus) und betreibt Apologie des Neuen (in diesem Falle des Katholizismus).
Von der üblichen Konvertitenliteratur unterscheidet sich Williams jedoch durch seine messerscharfe Analyse, denn er weiß sowohl im Falle des Buddhismus als auch des Christentums genau, wovon er spricht. Und er bringt die Dinge in wünschenswerter Deutlichkeit auf den Punkt: zum Beispiel, dass der Buddhismus keinen personalen Schöpfergott kennt, ja nicht einmal als agnostisch zu bezeichnen ist. „Aus christlicher Sicht ist der Buddhismus ganz eindeutig eine Form des Atheismus“ (52) – für so klare Aussagen wie diese muss man Paul Williams dankbar sein, insbesondere angesichts des Phänomens, dass selbst katholische Bildungshäuser vielerorts geradezu hemmungslos mit dem Buddhismus flirten.
Bei all dem bleibt Williams in britisch-kühler Manier sachlich und fair – er ist meilenweit entfernt vom Gefrömmel eines Martin Kamphuis oder den verschwörungstheoretischen Rundumschlägen gegen den tibetischen Buddhismus, wie sie das Ehepaar Victor und Victoria Trimondi austeilt.
Paul Williams nähert sich mit fast naiver Neugier den Prämissen des Buddhismus und stellt sie im wahrsten Sinne des Wortes in Frage. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass der Buddhismus eigentlich in Aporien verfangen ist, die er nicht aufzulösen vermag. Williams stellt beispielsweise die Frage, warum sich aus buddhistischer Sicht das moralische Gesetz des Karmas als Ordnungsprinzip durchsetzt, wenn die Welt gleichzeitig als etwas Kontingentes betrachtet wird. Wäre dann – fragt Williams – das Ordnungsprinzip nicht genauso kontingent, d.h. es könnte theoretisch auch ein ganz anderes herrschen? Dies würden Buddhisten jedoch strikt verneinen. Williams glaubt, dass ein moralisches Ordnungsprinzip wie das Karma-Gesetz notwendigerweise einen Schöpfergott voraussetzt – gerade dessen Existenz wird aber von den Buddhisten verneint.
Der Autor setzt sich auch immer wieder mit den wohlfeilen, oft an der Platitüde vorbeischrammenden Weisheiten des Dalai Lama auseinander, wie etwa jener, dass alle Menschen nach Glück strebten und das Leiden vermeiden wollten. Williams zieht diese scheinbar so einleuchtende Aussage aus seiner christlichen Perspektive in Zweifel: „Gottes Wille ist ethisch nicht verhandelbar. Wenn das stimmt, dann wird jede Frage danach, was aus dem Leben nach Gottes Geboten nun für einen selbst, aber auch für die anderen Menschen folgt, nebensächlich und an sich irrelevant. Insofern ist auch die Frage nach dem Glück irrelevant. Wenn das Leben nach Gottes Willen Glück hervorruft, dann ist dieses Glück eine unvorhersehbare und dadurch vollkommen unverdiente Tat der Gnade Gottes“ (92).
Es ist äußerst verdienstvoll, dass Williams hier die Gnade Gottes erwähnt – denn bei näherer Betrachtung entpuppt sich der Buddhismus gerade hinsichtlich des unerbittlich karmischen Gesetzes von Ursache und Wirkung als eine buchstäblich gnaden-lose Religion, aller lächelnden Menschenfreundlichkeit des Dalai Lama zum Trotz.
Wünschenswert wäre, dass all die Verantwortlichen kirchlicher Bildungshäuser sich das Buch von Paul Williams zu Gemüte führen würden, ehe sie den nächsten buddhistisch angehauchten oder sogar ausgerichteten Kurs anbieten. Zur Apologie des Katholizismus, die ein wenig über das eigentliche Thema hinausschießt, mag man stehen wie man will – auf jeden Fall schmälert sie nicht den Wert des Buches, das den Geist der Unterscheidung auf anspruchsvolle und bisweilen anstrengende, gleichzeitig aber auch sehr anregende und lohnende Weise schärft. Insofern bietet das Buch wie gesagt weitaus mehr und ist wertvoller als die übliche Konvertitenliteratur.
Christian Ruch, Baden/Schweiz