Missbrauchsanschuldigungen auch im Yoga-Milieu
Seit 2010 werden Vorwürfe sexueller Übergriffe innerhalb der Kirchen sowie religiöser, spiritueller und pädagogischer Gruppen und Organisationen öffentlich intensiv diskutiert (vgl. MD 10/2018, 363f). Die Deutsche Bischofskonferenz hat im Herbst 2018 die von ihr in Auftrag gegebene Studie veröffentlicht, die über erschütternde Details der Missbrauchsvorfälle im Raum der katholischen Kirche Auskunft gibt. Auch die EKD beschäftigt sich inzwischen intensiver mit Übergriffen innerhalb ihrer Landeskirchen und hat zwei Studien zur Aufklärung angekündigt: eine über das Dunkelfeld des Missbrauchs, eine weitere über Risikofaktoren. Wie über die Missbrauchsverbrechen hinaus mit der verbreiteten Vertuschung und Verharmlosung des Missbrauchs durch eine falsche Institutionen-Loyalität durch Kirchenobere umgegangen werden soll, wird intern heftig diskutiert.
Auch Yoga-Meistern ist übergriffiges Verhalten und Machtmissbrauch immer wieder vorgeworfen geworden, so etwa Swami Muktananda, Maharishi Mahesh Yogi oder Sathya Sai Baba. Der Inder Bikram Choudhury, der eine eigene Yoga-Richtung begründete, in der man sich bei großer Hitze schnell bewegt, wurde 2013 mehrfach der Vergewaltigung bezichtigt und 2016 zu einer Schadensersatzzahlung verurteilt.
Gregorian Bivolaru gründete in Rumänien die Yoga-Schule MISA („Movement for Spiritual Integration into the Absolute“). Der heute 66-Jährige wurde 2013 in Rumänien zu sechs Jahren Haft wegen Sex mit einer Minderjährigen verurteilt. 2016 wurde er in Paris festgenommen und nach Rumänien ausgeliefert. Nach Absitzen eines Drittels der Haft wurde er im September 2017 entlassen, kurz darauf verließ er das Land. Ende 2017 erließ Finnland erneut einen Europol-Haftbefehl wegen Menschenhandels und sexuellen Missbrauchs in neun Fällen.
Ein Anhänger und Schüler von MISA, der Rumäne Narcis Tarcau, gründete 2003 auf einer thailändischen Insel die Agama-Yoga-Schule, die er zu einem großen Trainingszentrum ausbaute, das gerne von zahlungskräftigen westlichen Touristen besucht wird. Medienberichten zufolge sollen Tarcau und andere Lehrer der Agama-Yoga-Schule jahrelang Frauen belästigt und missbraucht haben. Im Juli 2018 gingen mehr als 40 Betroffene erstmals an die Öffentlichkeit (www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/agama-yoga-thailand-tantra-sexuelle-uebergriffe ). Die Schule hat die Vorwürfe bestätigt und mitgeteilt, die beschuldigten Lehrer hätten die Schule bereits verlassen müssen. Leider beschränken sich die Vorwürfe nicht auf Thailand. Im Herbst wurden auch im österreichischen Linz gleichlautende Vorwürfe gegenüber dem Leiter der dortigen Schule öffentlich, einem Schüler von Tarcau. Auch in Estland steht ein Agama-Yoga-Studio in der öffentlichen Kritik. Die Mitgliedschaft der Agama-Yoga-Schule in der Yoga Alliance, dem größten professionellen Yoga-Verband mit über 80 000 Mitgliedern weltweit, ist Berichten zufolge mittlerweile aufgekündigt worden. Außerdem soll der ethische Verhaltenskodex der Yoga Alliance überarbeitet werden.
Michael Utsch