Esoterik

Mit Lichtwesen das eigene Leben versüßen? „Engelmagazin“ - eine neue Zeitschrift für „Engel, Spiritualität und Lebensfreude“

Nicht nur zur Weihnachtszeit erfreuen sich die Engel großer Beliebtheit – ob in Film, Werbung oder im Kontext einer neuen Spiritualität. Die moderne Esoterik offeriert viele Wege, Techniken und Produkte, um sich der Engelkräfte und der Präsenz der „Lichtwesen“ im eigenen Leben zu versichern. Es gibt Bücher mit „gedolmetschten“ und „gechannelten“ Botschaften, Engelkarten zur Selbsterkenntnis und Kontaktaufnahme, Engelessenzen für Heilungszwecke und neuerdings auch Großveranstaltungen wie die „Internationalen Engeltage“, die vom 19. bis 20. April 2008 in München unter dem Motto „Engel in der neuen Zeit“ standen (www.engeltage.org). Für Anfang Juli 2008 ist in Eckernförde die 1. Internationale Engel Convention geplant – mit Engelprogramm, Engelmarkt und Engelforum. Auf der Internetseite www.engel-convention.de heißt es: „Die Engel-Convention sind zwei Tage voller Engelenergie: Vorträge, Seminare, Gesprächsforen, Engelmarkt und musikalische Lichtblicke. Am Sonnabend werden in der Stadthalle Eckernförde internationale Referenten über die Welt der Engel berichten, über ihre eigenen Erfahrungen sprechen und Sie auf ihre ganz eigene Weise in die Welt der Engel einführen.“

Für eine weitere literarische Popularisierung des Engel-Booms dürfte jetzt auch eine neue Zeitschrift sorgen: Mit einer Gesamtauflage von 75 000 Exemplaren ist soeben die Erstausgabe des zweimonatlichen Engelmagazins (Mai/Juni 2008) erschienen. Das Heft zum Preis von 4,30 Euro versteht sich als „Forum zum Thema Engel, Spiritualität und Lebensfreude“. Das Titelblatt verheißt persönliche Engelbotschaften, die von der Heilerin und dem Medium Jana Haas (Jahrgang 1979) gechannelt werden. Exklusiv kommt auch die US-amerikanische „Engelexpertin“ Doreen Virtue zu Wort, deren neuer Roman „Der Tempel der Engel. Die geheime Geschichte der Königin von Saba“ vorab in Auszügen im Heft zu lesen ist. Hierzulande sollen inzwischen 800000 Bücher und Karten dieser Autorin verkauft worden sein, weshalb sie im Heft als „die meistverkaufte Engelautorin (!) im deutschsprachigen Raum“ vorgestellt wird. Weitere Themen im Engelmagazin sind: „Wie Sie ihr Engel beschützt“, „Wie Sie innere Schönheit erleben“, „Wie Sie ihr Engel heilt“ sowie „Engel-Wege aus der Sucht“. Eher zum Schmunzeln mutet die Verheißung an: „Mit dem Segen der Engel kochen“. Schlägt der Leser die entsprechenden Seiten auf, so stößt er auf das Rezept für eine Mandelsuppe mit Rosenblüten, ein angebliches „Engelkraftsüppchen“.

Chefredakteur Wulfing von Rohr bekennt im Editorial: „Ich glaube ganz fest daran, dass wir an einer Zeitenschwelle stehen und es wirklich auf jeden Einzelnen von uns ankommt, wie wir das Leben gestalten“. Einige Seiten später erläutert er die „10 Angebote der Engel“. So würden die himmlischen Wesen anders mit den Menschen sprechen als Gott: „Sie gebieten nicht, sie machen An-Gebote“. Nach von Rohr lauten die zehn „Angebote“: „Dein Engel leitet und beschützt Dich. Dein Engel nimmt Dich, wie Du bist. Dein Engel lässt Dich nie im Stich. Dein Engel hilft Dir, Dich von Ängsten und Abhängigkeiten zu befreien. Dein Engel zeigt Dir, Deine eigene Kraft zu leben. Dein Engel glaubt an Dich. Dein Engel schenkt Dir grenzenlose Liebe. Dein Engel leitet Dich, ganz Du selbst zu werden. Dein Engel sagt Dir, was Du geben kannst. Dein Engel führt Dich zum höchsten Licht“. Letztlich geht es darum – wie es auf dem Titelblatt in großen Lettern heißt –, „einfach glücklich“ zu sein und Wege aufzuzeigen, „wie man seine Gefühle heilt“ und „wie man sich treu bleibt“.

In der gegenwärtigen Religionskultur stehen die Engel für die Suche nach neuer Spiritualität, nach Geborgenheit und Kraft. Sie verheißen dem Einzelnen unerschöpfliche Energie und persönliche Wärme. Engel in der Esoterik sind vor allem „himmlische Dienstleister“ (vgl. den gleichnamigen EZW-Text 196, 2007, von S. Murken und S. Namini). Sie schenken alles, fordern aber nichts. Letztlich geben sich die Engel im Engelmagazin weniger als Boten Gottes denn als ideale Projektionsfläche einer esoterisch gestimmten Sehnsuchtsreligiosität zu erkennen, die aus den „Boten Gottes“ unsichtbare Maskottchen werden lässt, die für vieles herhalten müssen. Für den kritischen Beobachter, der das Engelmagazin durchblättert und schließlich beiseite legt, bleibt leider nur die bittere Erkenntnis: Engel können sich nicht wehren.


Matthias Pöhlmann