Günter Ewald

Nahtoderwartungen. Hinweise auf ein Leben nach dem Tod?

Günter Ewald, Nahtoderfahrungen. Hinweise auf ein Leben nach dem Tod? Topos plus Taschenbücher 591, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz, in der Verlagsgemeinschaft Topos plus, Kevelaer 2006, 144 Seiten, 8,90 Euro.


Das Thema Nahtoderfahrungen ist in den letzten Jahren mehr und mehr durch Publikationen und Fernsehsendungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht geworden. Was anfangs vorschnell unter dem Stigma esoterischer Phänomene abgetan wurde, hat inzwischen sogar kirchliche Akademien erreicht und dort eine Plattform ernst zu nehmender Diskutanten aus Medizin, Naturwissenschaft und Theologie gefunden. Zu ihnen zählt Günter Ewald, Mathematikprofessor in den USA und an der Ruhr-Universität Bochum (emeritiert). Seit den späten neunziger Jahren sammelt er aus dem deutschsprachigen Raum nicht nur Nahtod-Berichte Betroffener, sondern stellt sie zugleich in den Blick seiner betrachtenden Analyse. Als Vortragsredner und Teilnehmer an Gesprächsrunden in Fernsehsendungen hat Ewald inzwischen Zugang zu einem Netzwerk von zahlreichen Betroffenen und an der Erforschung der Sache interessierten Wissenschaftlern. Auf diesem Hintergrund sind auch seine beiden inzwischen vergriffenen Bücher „Ich war tot“ (1999) und „An der Schwelle zum Jenseits“ (2001) entstanden.

Aus letzterem ist sein soeben erschienenes Taschenbuch „Nahtoderfahrungen – Hinweise auf ein Leben nach dem Tod?“ durch Straffung und Überarbeitung hervorgegangen. Ewald legt gleich zu Beginn 30 unkommentierte Berichte Betroffener unterschiedlicher Hintergründe und Erfahrungsebenen vor, darunter sieben neue. Darauf aufbauend wendet er sich dann den Unterschieden, Deutungen und Einordnungen der medizinischen, naturwissenschaftlichen und paranormalen Aspekte dieser Phänomene zu.

Es geht ihm darüber hinaus aber auch um den großen Spannungsbogen „Nahtoderfahrungen und Religion“ sowie um den Bezug zum christlichen Auferstehungsglauben. Der Autor sieht die Gefahr, dass Menschen mit Nahtoderfahrungen durch esoterische Deutungen in bestimmte weltanschauliche Milieus geraten, die solche Erfahrungen als Bestätigung ihrer Lehre interpretieren. Aus christlicher Perspektive könnten – so die Überzeugung des Autors – solche Erfahrungen dazu beitragen, das noch einmal geschenkte Leben bejahender und verantwortungsbewusster zu führen, weil es nun mit einer neu gewonnenen Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod verbunden ist. Nahtoderfahrungen und Reinkarnationslehre dürften dagegen nicht gleichgesetzt werden, da letztere weder durch Erfahrungen stichhaltig begründet sei noch mit einem Menschenbild übereinstimme, das von der Einmaligkeit des Individuums ausgehe.

Ein gründlich erarbeiteter Anmerkungsteil sowie wertvolle Literaturhinweise regen an, weiter über dieses Thema nachzudenken.


Hans Steinacker, Witten