Neue Studie zum islamischen Religionsunterricht
(Letzter Bericht: 11/2008, 423ff) Der österreichische Islamwissenschaftler und Religionssoziologe Mouhanad Khorchide – Sohn palästinensischer Eltern und selbst in Wien als Imam und in der Lehrerfortbildung tätig – hat in seiner Dissertation Daten zur Einstellung islamischer Religionslehrer in Österreich erhoben. Aus einer Befragung von 210 der zum Zeitpunkt der Untersuchung etwa 330 Lehrer geht hervor, dass 21,9 Prozent die Demokratie ablehnen, „weil sie sich mit dem Islam nicht vereinbaren lässt“ (Kategorien „trifft zu“ und „trifft eher zu“ addiert). 28,4 Prozent sehen einen Widerspruch darin, gleichzeitig Muslim und Europäer zu sein, knapp 15 Prozent lehnen die österreichische Verfassung ab. Immerhin mehr als 18 Prozent äußern Verständnis dafür, vom Islam abgefallene Muslime mit dem Tod zu bestrafen, 44,1 Prozent wollen ihren Schülern vermitteln, dass sie „besser als ihre Mitschüler“ seien. 73 Prozent der islamischen Religionslehrer seien ohne pädagogische oder theologische Ausbildung, hieß es.
Das Bekanntwerden der Studie löste eine lebhafte und kontroverse Diskussion über die Ausbildung und das Demokratieverständnis islamischer Religionslehrer aus. Auch die Strukturen der Islamischen Glaubensgemeinschaft, die rund 90 Prozent der in Österreich lebenden 350000 Muslime repräsentiert, sowie die Gestaltung eines islamischen Religionsbuches gerieten in die Kritik.
Halten manche die Studie für die bisher wichtigste Arbeit in Sachen Islam, Schule und Integration, so zweifeln andere an der Seriosität der Untersuchung und kritisieren ihre Methode als wissenschaftlich unhaltbar. Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft und Leiter des Islamischen Schulamtes, bemängelte den Fragenkatalog und bezeichnete die Äußerungen der Befragten als Privatmeinungen. Ednan Aslan, Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Wien, sieht dagegen enormen Reformbedarf und fordert einen innerislamischen Gesamtdiskurs über gegenwärtige Theologie und angemessene Bildungsstandards.
Seit 1982 wird Islamunterricht in Österreich erteilt, die Schaffung der Islamischen Religionspädagogischen Akademie (IRPA) zur Qualifizierung der Lehrkräfte erfolgte 1998. Direktor der IRPA ist als Nachfolger von Elsayed Elshahed seit Oktober 2008 Yasar Sarikaya.
Friedmann Eißler
Literatur
Mouhanad Khorchide, Der islamische Religionsunterricht zwischen Integration und Parallelgesellschaft. Einstellungen der islamischen ReligionslehrerInnen an öffentlichen Schulen, Wiesbaden 2009.
Thomas Schmidinger / Dunja Larise (Hg.), Zwischen Gottesstaat und Demokratie. Handbuch des politischen Islam, Wien 2008, 257-288.