Islam

Neuer Vorsitzender des Zentralrats der Muslime: Wer ist Aiman Mazyek?

Aiman A. Mazyek ist neuer Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD). In einer Kampfabstimmung setzte sich der 41-jährige bisherige Generalsekretär gegen Ayyub Axel Köhler (72) durch, der seit 2006 den Vorsitz als Nachfolger von Nadeem Elyas innehatte.

Mazyek, Sohn eines aus Syrien stammenden Ingenieurs und einer deutschen Journalistin, hat nach eigenen Angaben Arabistik in Kairo, später Philosophie, Wirtschafts- und Politikwissenschaft in Aachen studiert und gibt als Tätigkeit „freier Publizist und Medienberater“ an. Er ist Chef der vom Zentralrat der Muslime schon früh eingerichteten Internetseite www.islam.de, eines der bekanntesten deutschsprachigen islamischen Internetportale. Mit dem Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck rief er 2003 das christlich-muslimische Friedenskorps „Grünhelme“ ins Leben. Aiman Mazyek ist Sprecher des „Islamischen Wortes“ (SWR, s. dazu MD 5/2008, 174ff) und tritt beim „Forum am Freitag“ (ZDF) auf.

Mazyek war schon bisher eine treibende Kraft im ZMD, der mit seinen 18 Vollmitgliedsorganisationen zwar weniger als ein Prozent der Muslime in Deutschland repräsentiert, jedoch als Gründungsmitglied des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland (KRM) und – in der öffentlichen Wahrnehmung – als Vertreter vor allem nichttürkischer Muslime neben den größeren türkisch geprägten Verbänden ein eigenes Gewicht beansprucht. (Tatsache ist gleichwohl, dass mit ATIB, der „Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa“, eine türkische Organisation der zahlenmäßig mit Abstand größte Mitgliedsverband des ZMD ist.) So betrieb Mazyek den Ausstieg des ZMD aus der Deutschen Islamkonferenz, die er als „Debattenspektakel“ abtat. Zuvor war der Islamrat vorerst ausgeschlossen und auf inhaltliche Forderungen des ZMD nicht vollumfänglich eingegangen worden.

Wie kaum ein zweiter Verbandsvertreter versteht es Mazyek, politisch zu agieren und medienwirksam in Erscheinung zu treten. Dazu gehört für ihn freilich auch, aktuelle Ereignisse so zu wenden, dass hauptsächlich seine Lieblingsthemen laut werden: mangelnde Anerkennung der Muslime, Islamkritik, „Islamophobie“ – kurz: die Kultivierung der eigenen Opferrolle. Als Mitte August öffentlich um mehr Spenden für die Flutopfer in Pakistan geworben wurde, beklagte Mazyek nicht etwa das insgesamt eher überschaubare Engagement muslimischerseits, sondern sah hinter der geringen Spendenbereitschaft der Deutschen „eine zunehmend islamfeindliche Öffentlichkeit“.

Nachdem Ende letzten Jahres in Malaysia ein islamischer Vorstoß gescheitert war, Christen den (selbstverständlich auch christlich verwendeten) Gottesnamen Allah zu verbieten, äußerte sich Mazyek nicht zur zunehmenden Radikalisierung des Islam in Malaysia, sondern er kehrte den Spieß um: Die Debatte habe „erstaunliche Parallelen in Deutschland“, denn „christliche Fundis“ wetterten „ausschließend, verletzend und aggressiv“ gegen Muslime, ja sogar EKD-Vertreter behaupteten, Gott sei nicht Allah, wo doch selbstverständlich arabische Christen Gott mit „Allah“ anriefen. Es werde mithin von „christlich fundamentalistischen Kreisen“ in Deutschland ähnlich wie in Malaysia immer militanter versucht, „Identität durch Abgrenzung zu den Muslimen zu erzeugen“ (Tagesspiegel, 14.1.2010).

Als der Kopftuchstreit die öffentliche Diskussion beherrschte, stellte Mazyek in Umkehrung der Frauen- und Menschenrechtsdiskussion provokant die Frage, ob im Namen dieser Rechte „Diskriminierungen gegen Muslime salonfähig gemacht und der Missbrauch dieser hohen Werte dadurch in Kauf genommen“ werden sollen.

Es bleibt zu hoffen, dass Aiman Mazyek in seiner Funktion als Vorsitzender des ZMD von argumentationsfreier polemischer Rhetorik und „plumpen Ablenkungsmanövern“, die er nicht selten anderen vorwirft und doch selbst demonstriert, verstärkt zu einer sachbezogenen Auseinandersetzung übergeht. Andernfalls muss man eher auf weitere „Debattenspektakel“ aus dieser Richtung gefasst sein.


Friedmann Eißler