Sikh-Religion

Neues Informationszentrum für Sikhismus

Das „Deutsche Informationszentrum für Sikhreligion, Sikhgeschichte, Kultur und Wissenschaft“ (DISR) ist seit dem Jahreswechsel online. Das neue Internetportal www.deutsches-informationszentrum-sikhreligion.de bietet erstmals auf Deutsch umfangreiche Informationen rund um den Sikhismus. Hervorragend aufbereitet findet sich natürlich das Wichtigste über die Religion und die zehn Sikhgurus sowie den „elften Guru“, den Siri (Sri) Guru Granth Sahib, also die Heilige Schrift bzw. den ewigen lebenden Guru der Sikhs. Aber auch Gebete und Meditationstexte sowie die Gesänge heiliger Hymnen (Shabad Kirtan) werden in übersichtlicher Form erläutert und sind mit Hör- (und Video-)Beispielen versehen. Man erfährt, dass Sikhs auch getauft werden und was es damit auf sich hat. Die religiösen Regeln, die den Alltag in geordneten Bahnen lenken, sind in ausführlichen Dossiers komplett nachzulesen. Wem das zu anstrengend ist, kann sich aber auch einfach das Gurmukhi-Alphabet in einem hübschen Kindervideo vorsingen lassen.

Der weltliche Hauptsitz der Sikhreligion heißt Akaal Takht, er befindet sich gleich neben dem „Goldenen Tempel“, dem weltweiten Sikhzentrum in Amritsar/Indien. Dort werden die wichtigen Entscheidungen der Gemeinschaft getroffen. Fünf „Takhts“ gibt es insgesamt. Politische Aspekte sucht man aber sonst vergeblich. Nur die Massaker an Sikhs im Lauf der Geschichte sind offenbar ein ebenso relevantes wie sensibles Thema. Ein eigener Menüpunkt zählt ein Dutzend „Ghallugharas“ auf, das Punjabi-Wort für Massaker und Völkermord. Der Operation „Blue Star“ von 1984 wird als „Amritsar Genozid“ gedacht. Großgeschrieben sind aber die Kampfkunst und die Tapferkeit der Sikhs. Da gibt es rühmliche Geschichten und glänzende Augen.

Schließlich informiert das Portal über Zahlen: 38 Gurudwaras (Gebets- und Gemeindezentren) werden für Deutschland aufgeführt, je drei für Österreich und die Schweiz. Mündlich wird mitgeteilt, dass man von 18 000 Sikhs in Deutschland ausgehe, die größten Gurudwaras sind in Frankfurt a. M. und Hamburg (1500 bis 1800 Personen).

Nicht alles ist auf Deutsch zu haben, vieles auf Englisch, Literaturhinweise in weiteren Sprachen. In mancher Hinsicht stand die Webseite www.discoversikhism.com  Pate, von der eine Menge übernommen und teils übersetzt wurde.

Hinter dem Projekt steht ein ehrenamtliches Team deutscher Sikhs mit Postfach und Büro in Hannover, dem die Unabhängigkeit von Stadt, Land und Verbänden wichtig ist. Nach Aussage der Betreiber wurde das Projekt bislang ohne externe Mittel finanziert. Ziele sind sachliche Information und Aufklärung über die (zahlenmäßig) fünftgrößte Weltreligion, die im Unterricht in Schulen nicht vorkommt und in der Öffentlichkeit wenig präsent ist, aber immer wieder gegen Vorurteile zu kämpfen hat. Fast zwei Dutzend „Projekte des DISR“ werden aufgelistet, die die Vernetzung und Kooperation mit Schulen, Universitäten und staatlichen Stellen signalisieren.

Das DISR vertritt nach eigenen Angaben die traditionellen Grundsätze und Richtlinien des Sikhismus und will auf der Basis der „orthodoxen“ (wobei das Wort nicht gebraucht wird) Linie des Akaal Takht und des offiziellen Sikh-Verhaltenskodex „ein unverfälschtes Bild der Sikhreligion in Deutschland“ präsentieren. Eine Differenzierung unterschiedlicher Sikh-Gruppierungen und Richtungen wird nicht vorgenommen, z. B. gegenüber der Yoga-Richtung von Yogi Bhajan (3HO), die abweichende Grundlagen hat. Auch im Blick auf verschiedene politische Ausrichtungen und daraus möglicherweise entstehende Konflikte hält sich die Seite ganz zurück. Vielleicht haben die heikleren Themen ihren Platz erst einmal im direkten Gespräch. Dafür steht das Informationszentrum „als kompetenter Kooperations- und Beratungspartner“ jederzeit zur Verfügung.


Friedmann Eißler, 15.02.2018