Fundamentalismus

Ein Arbeitspapier des Ökumenischen Rats Berlin-Brandenburg will über christlichen Fundamentalismus aufklären

Über muslimischen Fundamentalismus wird in der Öffentlichkeit viel berichtet. Dass es auch in christlichen Kreisen extreme Gruppierungen gibt, wird dagegen selbst kirchenintern oft verschwiegen. Der Ökumenische Rat Berlin-Brandenburg will das ändern. Das Gremium, das aus Vertretern von Kirchen und Gemeinden aus 29 verschiedenen Denominationen besteht, hat eine Handreichung zum Thema „Gefahren des christlichen Fundamentalismus“ vorgelegt.

In dem insgesamt elf Seiten umfassenden Arbeitspapier werden einerseits Kriterien für Fundamentalismus aufgestellt, andererseits halten die Autoren fest, was „wir für fundamental halten“. Als Merkmal des Fundamentalismus wird dabei vor allem die „Dialogunfähigkeit“ genannt. Gruppen, die für sich das einzig wahre Verständnis des biblischen Zeugnisses in Anspruch nehmen und keine andere Position daneben stehen lassen, gelten als fundamentalistisch. Oft besäßen sie auch ein „ausgeprägtes religiöses Sendungsbewusstsein, das sich aus der Überzeugung speist, mit der Bewahrung des reinen Glaubens auch die Lösung für alle drängenden politischen, ökonomischen und ökologischen Probleme der modernen Welt zu besitzen“.

Auch Beispiele für fundamentalistische Gruppierungen werden im Text genannt – u.a. aus dem Bereich der römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxie, etwa das Glaubenswerk „Opus Dei“ oder die „Panhellenische Orthodoxe Union“. Protestantische Gruppen werden nicht namentlich erwähnt. Verurteilt wird zudem der „ökonomische Fundamentalismus des Marktes“: Neoliberale Rücksichtslosigkeiten gegenüber den „wirklichen Bedürfnissen der Menschen“ trügen zunehmend die Züge eines ideologischen, mitunter religiös überhöhten Fundamentalismus.

Ziemlich genau die zu den Aussagen über den Fundamentalismus passenden Gegensätze halten die Autoren des Papiers schließlich selbst für „fundamental“. Unter den 15 Stichpunkten dieser Rubrik finden sich Aussagen, nach denen „Politik keiner religiösen Überhöhung bedarf“, dem Geist der Schrift „das gleichberechtigte Zusammenleben von Religionen, Nationen, Kulturen und Sprachen“ am besten entspreche und „die Welt aus komplexen Zusammenhängen besteht, die nicht nach dem Schema Gut und Böse eingeordnet werden können“. Man darf gespannt sein, ob und wie dieses Papier in den Gemeinden rezipiert wird.

Das Arbeitspapier kann beim Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg (ÖRBB), Gierkeplatz 2-4, 10585 Berlin, Telefon (030) 3421000, bezogen werden.


Benjamin Lassiwe, Berlin