Pfingstbewegung distanziert sich von „Wort+Geist-Zentrum“ in Röhrnbach
(Letzter Bericht: 5/2009, 177-183) In der Regel verzichten Pfingstler und Charismatiker darauf, in der Öffentlichkeit kritisch und abgrenzend voneinander zu reden. Ein wachsender bundesweiter Einfluss des Wort+Geist-Zentrums Röhrnbach mit zahlreichen Tochtergemeinden, denen sich vor allem Angehörige aus Pfingstgemeinschaften und charismatischen Bewegungen anschließen, hat dazu geführt, von dieser Regel abzuweichen. Nachdem bereits von zahlreichen kirchlichen Weltanschauungsbeauftragten, einer Reihe von Freikirchen und charismatischen Initiativen kritische Stellungnahmen publiziert wurden, hat jetzt auch der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) gegenüber der von Helmut Bauer gegründeten „Wort+Geist“-Bewegung eine pointierte Abgrenzung öffentlich ausgesprochen. In der Augustausgabe der Zeitschrift „Wort und Geist“ des BFP wird ausführlich über die Auswirkungen der Bewegung Helmut Bauers berichtet, die im Wesentlichen dadurch wächst, dass Christen aus anderen Gemeinden gesammelt werden und sich dem unterstellen, der inzwischen als „Völkerapostel“ verehrt wird und für seine Gefolgsleute eine Art Mittlerstellung zwischen Gott und den Menschen einnimmt. „Hier entwickelt sich eine Machtkonzentration, die verführerische Momente enthält und im Augenblick der Unkontrollierbarkeit in Manipulation umzuschlagen droht“, formuliert der Pfingstpastor Frank Uphoff in der Zeitschrift „Wort und Geist“ (8/2009, 12).
Kritisch angemerkt wird auch, dass die Lehre von „Christus in dir“, wie sie von Bauer und anderen vertreten wird, zu einem Enthusiasmus und zu einer Euphorie führt, die die Gebrochenheit christlichen Lebens missachtet und auf der gemeindlichen Ebene „Spaltung“ und „Zerstörung“ hervorruft. Uphoffs Empfehlung an die Mitglieder der Pfingstbewegung ist deutlich: „Verlasst die Röhrnbacher Bewegung und distanziert euch schnell, deutlich und eindeutig, bevor größerer Schaden entsteht.“
Das Wort+Geist-Zentrum reagierte auf abgrenzende Stellungsnahmen bisher ohne jede Bereitschaft zu selbstkritischer Reflexion. Die anhaltende Faszination, die ein starker Enthusiasmus in seinen Lehren und Praktiken insbesondere auf Charismatiker und Pfingstler ausübt, wirft grundlegende Fragen nach der Orientierungsfähigkeit pfingstlicher Glaubenspraxis auf. Ein Wohlstands- und Gesundheitsevangelium hat leider keineswegs nur in Gemeinden Platz gefunden, die sich vom Zentrum der christlichen Botschaft so weit entfernt haben, wie dies in der Wort+Geist-Bewegung offensichtlich ist. Die Auseinandersetzungen zeigen jedoch auch, dass zahlreiche Pfingstler und Charismatiker es für notwendig ansehen, die geistliche Erfahrung von Gottes heilvoller Nähe mit einem Realismus des Glaubens zu verbinden, der die Vorläufigkeit der christlichen Erfahrung unterstreicht. Mit Recht wird von Seiten der Pfingstbewegung darauf verwiesen, „dass nicht alle biblischen Verheißungen im Diesseits Erfüllung finden“. Wenn die Erwartung des kommenden Reiches Gottes in der christlichen Glaubenspraxis verloren geht und alles Heil im Hier und Jetzt beansprucht wird, sind Versektungsprozesse vorprogrammiert und kaum zu verhindern.
Reinhard Hempelmann