Islam

Politische Distanzierungen von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DİTİB)

Im Zuge des Putschversuchs in der Türkei im Juli 2016 und der daraufhin eingeleiteten politischen Reaktionen sind in Deutschland erneut zahlreiche Debatten über die Zusammenarbeit mit der DİTİB entstanden. Kritisiert wird, dass der türkische Staat aufgrund der institutionellen Verflechtungen zwischen DİTİB und der türkischen Religionsbehörde Diyanet Einfluss auf die inneren Angelegenheiten Deutschlands nehmen könne. Den bisherigen Höhepunkt dieses Konflikts stellten die Spionagevorwürfe gegen Religionsbeauftragte der Diyanet dar, die in DİTİB-Moscheen Informationen über Angehörige der Gülen-Bewegung gesammelt und an die Türkei übermittelt haben sollen.

Aufgrund dieser Vorkommnisse wurde zunehmend Kritik an staatlichen Projektförderungen für DİTİB geübt. Der Bund förderte in den vergangenen Jahren verschiedene Projekte – etwa das 2016 endende Projekt „Strukturaufbau und Unterstützung von Ehrenamtlichen in den Moscheegemeinden für die Flüchtlingshilfe durch die Verbände der Deutschen Islam Konferenz (SUEM – DIK)“. Laufende Zuwendungen erhielt DİTİB zudem für die Projekte „Muslimische Jugend – Friedliche Zukunft!“, „Mein Weg! Jugend vor Ort“, für das Patenschaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“ sowie für das Projekt ALMAN (Akzeptanz fördern – Loyalität stärken – Migration akzeptieren – Anerkennung zeigen – Neues aufnehmen), das allerdings am 31. August 2018 ausgelaufen ist.

Als Reaktion auf die Konflikte um DİTİB hatte die Bundesregierung bereits 2017 angekündigt, die Mittel für 2018 gegenüber dem Vorjahr um 80 Prozent zu kürzen. Die Gesamtförderung hätte dann für 2018 297 500 Euro betragen. Der CDU-Innenexperte Christoph de Vries sagte im August dieses Jahres dann jedoch gegenüber BILD, dass DİTİB kein Partner mehr für Präventionsprojekte sein könne. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge sei die DİTİB betreffende Förderpraxis im Bund nochmals überprüft und daraufhin eingestellt worden.

Zeitlich parallel zu dieser Erklärung verlautbarte der rheinland-pfälzische Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Konrad Wolf (SPD) am 29. August 2018 in einer Presseerklärung, dass es vorerst keine Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den islamischen Verbänden, darunter auch DİTİB, geben werde. Die Landesregierung hatte Gutachten in Auftrag gegeben, um die seit 2015 veränderten politischen Rahmenbedingungen in den laufenden Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen. Der Minister sieht die in den Gutachten benannten Probleme in Bezug auf (u. a.) DİTİB als so grundlegend an, dass sie zunächst aufgearbeitet werden müssten, bevor das Land weiter mit DİTİB verhandeln könne. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz plane jedoch, eine entsprechende Zielvereinbarung mit dem islamischen Verband zu verabreden. Im Fall des DİTİB-Landesverbands Rheinland-Pfalz sei vor allem eine Satzungsänderung notwendig, die den Einfluss von Diyanet-Beamten ausschließe. Christoph Bochinger legt der Landesregierung in seinem Gutachten zudem nahe, die Gespräche mit DİTİB weiterzuführen, da eine sinnvolle Islampolitik nicht ohne den größten muslimischen Dachverband von Rheinland-Pfalz gestaltet werden könne (Christoph Bochinger: Ergänzendes religionswissenschaftliches Gutachten, Bayreuth 2018).

Auch in Hessen, wo DİTİB seit 2013 Kooperationspartner für den islamischen Religionsunterricht ist, wurden aufgrund möglicher Auswirkungen der innenpolitischen Entwicklungen der Türkei auf die Bundesrepublik Deutschland Fachgutachten in Auftrag gegeben. Auf Grundlage der Gutachten entwickelte das hessische Kultusministerium die Vorgabe, dass DİTİB in der Frist bis zum 31. Dezember 2018 hinreichend professionelle Verwaltungsstrukturen und ein Mitgliederregister aufbauen müsse. Zudem wird auch dem DİTİB-Landesverband Hessen dringend nahegelegt, eine stärkere institutionelle Unabhängigkeit vom Bundesverband und von türkischen Institutionen herzustellen.

Die Blicke nach Hessen und Rheinland-Pfalz zeigen exemplarisch, dass die Distanzierung von Kooperationen mit DİTİB, wie sie durch die Beendigung der bundesweiten Projektförderungen deutlich wird, mit dem Trend der islampolitischen Agenda in den Bundesländern übereinstimmt. Und auch Markus Kerber, der als Staatssekretär für die Neuausrichtung der Deutschen Islam Konferenz (DIK) zuständig ist, hat im Berliner Tagesspiegel deutlich gemacht, dass sich das Innenministerium stärker gegen ausländische Einflüsse auf deutsche Muslime positionieren will.


Hanna Fülling